„Die Rücksicht ist auf dem Rückzug”

Morgens durch das Nadelöhr Pfaffensteiner Tunnel, abends aus der Passauer Richtung oder vom Holledauer Kreuz kommend: Wer irgendwie durch Regensburg muss, rechnet Stau-Zeiten inzwischen mit ein. Zu den Stoßzeiten wird überdeutlich: Das Autobahnnetz hier kann die zunehmenden Verkehrsströme kaum mehr verkraften.
Die seit Jahren wirtschaftlich wachsende Stadt funktioniert auch als Gelenk im Ost-West-Handels- und Dienstleistungsverkehr. Wenn sich da morgens und abends Regensburger, Ostbayern, Tschechen, Polen, Ungarn und Rumänen in Regensburg treffen, wird es ungemütlich - die Sitten werden rauer. Die Zu- und Abfahrten werden zu Überholspuren, der Standstreifen missbraucht. Und jetzt ist auch noch Ferienzeit.

„Die Rücksicht ist auf dem Rückzug”, sagt dazu Albert Brück, Pressesprecher am Polizeipräsidium Regensburg. Abstand halten, Lücken anbieten: „Viele suchen den persönlichen Vorteil”, bedauert Brück. Schaut die Polizei da genauer hin? Ja, natürlich - aber: „Im Umfeld eines Polizeifahrzeugs wird das Verkehrsverhalten besser”, muss Brück einschränken.
Deshalb wissen die Kollegen von der Verkehrspolizei, wo sie stehen müssen, um nicht gesehen zu werden - und um die anzuhalten, die den Standstreifen für ihren persönlichen Stau-Ausweg halten. Gefährlich ist das ohnehin, und dass bei solchen Manövern sämtliche Zu- und Abfahrtsmarkierungen überfahren werden, macht das Verhalten noch unfallträchtiger. Dem vermeintlichen persönlichen Vorteil steht eine unverhältnismäßig hohe Gefahr gegenüber.
Laufend kontrollieren kann die Verkehrspolizei das Regensburger Staugeschehen nicht; wenn es Kapazität und Einsatzbelastung zulassen, ist das Thema aber präsent, so Christian Eichenseher von der Verkehrspolizeiinspektion. Dann steht da schon mal ein Streifenwagen an einer Stelle, wo man ihn nicht vermutet - und greift zu, wenn der Standstreifen als Überholspur missbraucht wird.


Standspur frei halten!
„Es geht uns nicht darum, die Leute zu gängeln”, so Eichenseher. Es geht schlichtweg darum: „Ohne freie Standspur keine Rettungsgasse.” Das heißt, man verhindert im schlimmsten Fall das Vorwärtskommen eines Rettungswagens. Schwierig: Wer ein solches Vergehen zur Anzeige bringt, sollte neben dem Fahrzeug-Kennzeichen auch den Fahrer ungefähr beschreiben können.


Und das Bußgeld ist nicht gerade abschreckend: Den „Seitenstreifen zum schnelleren Vorwärtskommen zu benutzen” wird, kommt keine Nötigung oder dergleichen hinzu, mit lediglich 75 Euro und einem Punkt geahndet. Wer sich da durch Baustellen, Flickenteppiche und Dauerbeschränkungen auf der die durch ihre tödlichen „Blow-ups” berüchtigt gewordenen A 93 gekämpft hat und dann in den Regensburger Autobahnknoten einfährt, dem mag die Standspur als goldener Weg leuchten. Doch die Unfallgefahr, die sich dadurch ergibt, dass sich Autobahnen kreuzen und Ein- oder Ausfahrten nicht sicher und frei von Ausscherern sind, die ist nicht mehr beherrschbar. Staus hin oder her - man wird sich in Regensburg, ob als Durchreisender oder als Stadtbewohner, mit Wartezeiten abfinden müssen. Die Regensburger SPD weiß, dass sie neben der prosperierenden Stadt auch eine Stadt mit Verkehrsproblemen übernommen hat.


Allzu großes Gemaule in Richtung CSU bleibt aber aus - ein schöner Umstand in der politischen Landschaft übrigens. In Verkehrssachen sind schnelle Lösungen nicht drin und alles, was man macht, verursacht schnell auch Probleme: Wie viele Autofahrer es den Planern gedankt haben, als die Teerdecke in der Frankenstraße an einem ruhigen Julisonntag erneuert wurde, kann man ahnen. An Werktagen wäre das Verkehrschaos gar nicht mehr darstellbar gewesen.  Genaue Absprachen sind inzwischen unerlässlich: „Baustellen, die Auswirkungen auf den Verkehrsfluss haben, werden mit allen Beteiligten durchgesprochen”, so Eichenseher. Gerade auf Autobahnen zeichnet sich ab: „Der Trend geht in die Nachtstunden”.  


Während der nächsten Wochen wird es wieder - bedingt durch die Ferienzeiten - zu erhöhter Staugefahr in und um Regensburg kommen, so Eichenseher. Das sollten Autofahrer wenn möglich einkalkulieren. Wer die Fahrt nicht verschieben kann, sollte einfach etwas Geduld mitbringen.
Der TÜV Süd rät Urlaubsfahrern, dienstags oder mittwochs zu starten - und wer im Stau steht, sollte nicht unnötig die Spur wechseln, nur um einen vermeintlichen Vorteil zu haben. Zahlreiche Studien belegen, dass man dadurch nicht schneller ans Ziel kommt. Auch Umfahrungen sind - leider - meist nicht angebracht. Denn die sind oft ebenso verstopft wie die Autobahn daneben, so der TÜV.

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