Der Verkehrsversuch in der Friedrich-Ebert-Straße mit dem Ziel, den Durchgangsverkehr von Ost nach West umzuleiten, sei nicht sein „Privat-Projekt”, sondern als Fortschreibung  des Verkehrsentwicklungsplans  im Verkehrsausschuss zustande gekommen und verdiene eine faire Chance, sagt Oberbürgermeister Andreas Feller. Im OK-Interview ging es um dieses und weitere kontroverse Themen wie Geflügelmastanlage in Siegenthann, Straßenausbaubeitragssatzung oder die Irritationen um das Baugebiet Schlüsselfeld-West. Feller will weiter um die Metropolenbahn Nürnberg – Prag via Schwandorf kämpfen.


OK: Herr Oberbürgermeister, wir stehen kurz vor dem Abschluss des Verkehrsversuchs, bei dem die Autos von Osten her von der Friedrich-Ebert-Straße weg geleitet werden. Bei einigen anliegenden Kaufleuten und im Internet hört bzw. liest man vernichtende Kritiken. Wie läuft´s aus Ihrer Sicht?


Feller: Leider hat sich der Eindruck verfestigt, hier werde etwas gesperrt oder zu Tode beruhigt. Wegen massiver einseitiger Berichterstattung Aufgrund der verfestigten Meinung woher auch immer ist hier eine faire Bewertung fast nicht mehr möglich. Natürlich lassen sich alle Ziele, alle Geschäfte in der Stadt nach wie vor leicht erreichen. Wir haben lediglich den Verkehrsfluss umgeleitet. Zum einen wollen wir schauen: Ist der barrierefreie Ausbau der Friedrich-Ebert-Straße möglich? Zum anderen geht es um die Frage: Werden die Naabuferstraße und die Beer-Kreuzung mit dem zusätzlichen Verkehr fertig, oder brauchen wir dann eine zweite Naab-Brücke?


OK: Was sagen Sie zu der Kritik, dass die Kaufleute durch den Versuch Kunden-Frequenz verloren haben?

Feller: Wenn da jemand Ostern heuer mit Ostern letztes Jahr vergleicht, dann müsste er eigentlich viel mehr Faktoren beachten: Heuer war Ostern extrem früh und auch am Monatsende, dafür war das Wetter schlecht. Da ändere ich doch mein Kaufverhalten, als wenn es schön ist und die Pflanzzeit beginnt. Als wir vor zwei Wochen den Infostand am Marktplatz gehalten haben, waren alle Parkplätze gut gefüllt, ich war über zwei Stunden vor Ort. Ich hatte nicht den Eindruck, dass aus Schwandorf wegen des Verkehrsversuchs eine Geisterstadt geworden wäre.

OK: Wie geht’s jetzt weiter?

Feller: Mitte Mai werden wir die vorläufige Auswertung des Versuchs vorlegen. Ich appelliere an alle, dem Projekt eine faire Chance zu geben.

OK: Bleiben wir beim Verkehr, gehen aber auf die Schiene: Ihr Parteifreund, Verkehrsminister Alexander Dobrindt, hat die Metropolenbahn Nürnberg – Prag bisher im Entwurf des Bundesverkehrswegeplans nicht im vordringlichen Bedarf. Was tun Sie dagegen?


Feller: Wir brauchen diese Strecke unbedingt, wir wollen (nach der Elektrifizierung der Strecke Hof-Regensburg, d. Red.) nicht nur den Anstieg beim Güter-, sondern eben auch beim Personenverkehr. Unser Bundestagsabgeordneter Karl Holmeier tut alles dafür, dass die 2. West-Ost-Relation im endgültigen Plan ein entsprechendes Upgrade erfährt und ich unterstütze ihn nach Kräften dabei. Das ist wichtig für Schwandorf, aber auch für die gesamte Region.


OK: Was tun Sie konkret?


Feller: Da gibt es verschiedene Dinge. Ich werde z.B. einen weiteren Termin im Ministerium machen – da wird (im Bundesverkehrswegeplan, d.Red.) so viel Geld für Projekte vorgehalten, wo nicht einmal die Planungen da sind – da muss man noch etwas umschichten können. Der CSU-Bezirksvorsitzende Albert Füracker ist als bayerischer Finanz-Staatssekretär natürlich auch immer ein Ansprechpartner und Unterstützer, wenn es um so wichtige Themen für die Oberpfalz geht, ich danke auch in und für Schwandorf.


OK: Ihre Vision für den „Hauptbahnhof Schwandorf“ in 2030?


Feller mit einem Augenzwinkern: 2030 eröffnen wir den ICE-Bahnhof. Wir waren ja schon früher ein bedeutender Bahnknotenpunkt, in einem alten Fahrplan  aus dem 19. Jahrhundert liegen wir auf der Strecke Holland – Konstantinopel – vom Orient-Express!


WEITERE IDEEN DES OB zum „Bahnhof 2030“ und mehr im Video-Interview auf www.ostbayern-hd.de

OK: Was halten Sie von Heimatminister Markus Söders Vorstoß, einen Mindestabstand von Strom-Freileitungen zur Wohnbebauung im Landesentwicklungsplan (LEP) festzuschreiben?


Feller: Generell gilt: Wir wollen die Leitungen möglichst weit weg haben. Ob sich immer ein 2 x 400 Meter breiter Korridor finden lässt in einem dicht besiedelten Land wie unserem, wage ich zu bezweifeln. Wir dürfen auch nicht vergessen: Wir brauchen die Stromleitungen. Es ist gut, einen Abstand in den LEP reinzuschreiben. Wir müssen natürlich wissen: Bundesrecht bricht immer Landesrecht.


OK: Der Freistaat hat eine Änderung bei der Straßenausbaubeitragssatzung auf den Weg gebracht: Statt wie bisher konkrete Ausbauten an konkrete Anlieger umzulegen, sollen in Zukunft jährliche, kleinere Beiträge möglich sein, die von allen Anliegern eines ganzen Ortsteils oder Quartiers erhoben werden. Ihre Meinung?


Feller: Das würde in der Übergangszeit, bis dieser Topf angespart ist, dazu führen, dass manche Straßen überhaupt nicht repariert werden. Ferner würden bestimmt einige Bürger, die kurz zuvor für die eigene Straße nach dem alten System bereits bezahlen mussten, sagen: „Was, und jetzt soll ich für den Nachbarn auch noch mitzahlen?“. Wir haben das intern bereits ausführlich besprochen. Da käme ein vielfacher Verwaltungsaufwand auf uns zu, und damit auch höhere Kosten.

OK: Thema Leerstände in in der Innenstadt ….


Feller: Da appelliere ich an die Hauseigentümer, auch ein bisschen flexibler zu sein. Wenn jemand sagt, da muss wieder ein Bekleidungsgeschäft rein, weil da immer eins drin war, es fände sich aber stattdessen ein anderer Interessent, dann muss man das auch einmal einfach machen. Ich freue mich aber, dass die wirtschaftliche Entwicklung weit besser ist als bei meinem Amtsantritt. Die große Mehrheit zieht mit. Es war nicht leicht, wenn man quasi als erste Amtshandlung die Gewerbesteuer erhöhen muss.


OK: Was sind denn die anstehenden Groß-Aufgaben?


Feller: Wir haben einen sehr frühen Haushalt, wir kümmern uns stark um den Gebäudeerhalt. Mit der Lindenschule können wir jetzt endlich beginnen und es ist uns gelungen, die Maßnahmen an der Gerhardingerschule vorzuziehen.

OK: Es formiert sich Protest gegen den Bau einer groß dimensionierten Gefügelmastanlage in Siegenthann mit 300.000 Tieren...


Feller: Da muss ich dagegen fragen: Wenn nicht hier, wo dann? Im Vorfeld (zum Planungs-Ausschuss, der planungsrechtlich grünes Licht gab, die Red.) hatte der Betreiber Gerhard Lautnschlager die Fraktionen zu einem Ortstermin in seine bestehende große Anlage eingeladen. Ausgerechnet diejenigen, die jetzt protestieren, nämlich Grüne und ödp, waren dabei nicht anwesend, um zu sehen, wie es den Tieren in dem Betrieb geht. Der Bauherr Lautenschlager wohnt daneben, er hält sich an die Auflagen beispielsweise mit Luftwäscher und hat sich nicht zuletzt auch einer guten Tierhaltung verschrieben. etc.


OK: Noch ein aktueller Kritikpunkt: Beim Baugebiet Schübelfeld-West gibt es keinen Vorhaben bezogenen Bebauungsplan, der z.B. ein Lärmschutzgutachten nötig machen würde. Argument der Stadt: Es handelt sich um kein einzelnes Projekt, sondern ein Bau-Unternehmer erschließt und verkauft an die eigentlichen Bauherren weiter. So ähnlich war das aber auch im benachbarten Schübelfeld-Süd vor vier Jahren, dort gab es aber einen Vorhaben bezogenen Bebauungsplan...


Feller: Inzwischen hat sich die Rechtslage verändert, so dass die Anwendung eines Vorhaben bezogenen Bebauungsplanverfahrens bei so einem Projekt nicht mehr zur Anwendung kommen kann. Das war schon damals vielleicht nicht ganz richtig  gewesen. Knackpunkt ist aber: Der Investor, Herr Ehrenreich, kann sich lt. übergeordneter Behörde beim aktuellen Verfahren auf das die vorliegenden Ergebnisse des erst zwei Jahre alte Lärmschutzgutachten berufen, das für Schübelfeld-Süd erstellt worden ist. An den Rahmenbedingungen hat sich ja nichts geändert.     Die ebenfalls in der Diskussion stehende Erweiterung des Reitzentrums ist in das alte Verfahren im übrigen schon einberechnet worden. By the way: Für den Immissionsschutz ist hier das Landratsamt zuständig, und nicht die Stadt, aber das nur am Rande.