Bodenwöhr. Finanzminister Albert Füracker ist so etwas nicht gewohnt. Normalerweise, sagt er, kommen Unternehmer lange vor einer Einweihung erst einmal zu ihm und wollen für ihr Projekt einen Zuschuss haben. Nicht so die Familie Fuchs. Die hat ohne staatliche Hilfe auf dem Areal ihrer Firma FischerHaus mitten in Bodenwöhr mit den "FischerHaus-Gärten" auf eigene Kosten einen wunderschönen kleinen Park geschaffen, der noch dazu öffentlich zugänglich ist und über Parkplätze, ein kleines Amphi-Theater, ein Erlebnis-Kunstwerk von Kindern für Kinder und einiges mehr enthält. Am Samstag war Einweihung mit viel Programm und guter Laune. Auf einen einstündigen scharfen Ritt durch die vormalige 700-jährige Eisentradition des Standorts nahmen Ostbayern-Kurier Herausgeber Hubert Süß und einige Darsteller des Eisenzeit-Ensembles die Besucher mit.
Pavillons und ein liebevoll dekoriertes Zelt empfingen die knapp 300 Gäste bei der Eröffnung, ein Holzdrechsler und ein Hufschmied ließen sich bei der Arbeit zuschauen und dann marschierte die Wackersdorfer Bergmannskapelle - trotz der Hitze im großen Dienstanzug - auf das ehemalige Hüttenwerks-Areal, das heuer seit 555 Jahren in Betrieb ist. 

Senior-Chef Reinhard Fuchs und seine Tochter Barbara zeichnen seit 13 Jahren für die Geschicke des Fertighaus-Herstellers verantwortlich. In dieser Zeit hat die Familie das Portfolio auf individuell nach Kundenwunsch gefertigte Niedrig- und Passivenergiehäuser umgestellt, gebaut aus dem nachwachsenden Rohstoff Holz. Dafür räumt die Firma regelmäßig renommierte nationale Preise ab. 27 Tonnen CO2 entnimmt ein solches Haus dauerhaft der Atmosphäre, erklärte Barbara Fuchs (dank weit fortgeschrittener Schwangerschaft und tropischer Temperaturen etwas kurzatmig). Nachhaltigkeit ist der bald zweifachen Mutter enorm wichtig: So hat ihr Unternehmen über die Plattform "Plant for the Planet" bislang die Nachpflanzung von über 10.000 Bäumen veranlasst. Der Betrieb ist nicht nur komplett auf engergiesparendes LED umgestellt, die riesige PV-Anlage auf den Hallendächern inklusive Batterie-Speicher versorgt dazu den kompletten Betrieb mit Eigenstrom - zusätzlich speist FischerHaus viel zusätzliche grüne Energie ins öffentliche Netz. Die neuen Elektro-Stapler nutzen ebenfalls diesen klimafreundlichen Antrieb und sind außerdem schön leise.
Finanzminister Albert Füracker im Gespräch mit Reinhard Fuchs (r.)

Reinhard Fuchs sprach bei der Feier im neuen Theater, das den Namen "Atrium" erhalten hat, einen weiteren wichtigen Rohstoff und Energieträger an: Den Familiensinn. Die Familie Fuchs lebt in Berching und betreibt dort etliche weitere Baufirmen. Der "ganze Clan" war zur Einweihung gekommen und während "der Opa" sprach, wagten sich immer wieder vorwitzige kleine Enkelkinder in Richtung des Redner-Pults - zum Amusement der Gäste. Fuchs senior erinnerte daran, dass der beschriebene Wandel des Portfolios und der gesamte Einstand unter wirtschaftlich schwierigen Bedingungen stattfanden, als "die Füchse" 2006 das Ruder übernahmen. Nur durch Zusammenhalt der "hoch motivierten un fleißigen Mitarbeiter" sowie der Unternehmerfamilie sei es gelungen, das Unternehmen auf die Erfolgsspur zu bringen. Dieser Erfolg zahle sich nun für alle aus. FischerHaus generiere mit ca. 140 verkauften Häusern jährlich rund 40 Millionen Euro.

Der Eisenbaum und die weiteren Elemente entstammen den Entwürfen der Grundschulkinder.
Finanzminister Füracker lobte den Unternehmergeist der Familie Fuchs. Da deren Stammsitz in seinem Wahlkreis liegt, habe er deren Erfolge stets hautnah erleben können. Seine Aufgabe als Finanzminister sei es in erster Linie "Ihr Geld einzusammeln", wandte er sich an das Auditorium. Nur wenn Unternehmer erfolgreich wirken, Arbeitsplätze schaffen und erhalten, könne ihm das gelingen - so dass der Staat finanziell für seine Aufgaben gewappnet ist. Er lobte die Aufwertung des Tourismusortes Bodenwöhr durch die wunderschön angelegten grünen FischerHaus-Gärten.
Eisen....

Bürgermeister Georg Hoffmann ergänzte, die Jury des Wettbewerbs "Unser Dorf hat Zukunft" habe sich vom Park und dem neuen Musterhaus "Seegarten" ebenfalls begeistert gezeigt - so habe das Projekt dazu beigetragen, dass Bodenwöhr auf Kreisebene eine Goldmedaille erhielt und nun am Bezirksentscheid teilnehmen dürfe.

... und Holz.
Er überreichte ein selbstgebasteltes Geschenk, das die beiden Füchse sitzend im Atrium darstellt. Hoffmann hatte nachgeschaut - wenn Füchse bauen, würden sie zunächst stets das Wesentliche errichten und dann, nach wohldurchdachtem Plan, an den Ausbau und die Bequemlichkeit denken.

Hubert Süß nahm die Gäste mit zurück in die Anfangszeiten Bodenwöhrs, dessen erste bekannte Erwähnung vor 896 Jahren datiert ist. Er sprach über "Bothos Mühle mit Wehr" sowie den ursprünglichen Eisenhammer am Weichselbrunner Weiher, den die Nachkommen Amberger Hammerherren gegründet hatten, weil sie neue wald- und wasserreiche Pfründe erschließen mussten. Nach ca. 140 Jahren verödete der Hammer, vielleicht haben ihn auch Hussiten bei einem ihrer Überfälle auf die Oberpfalz zerstört. Gilg und Hans Kotz, die damaligen Hammerherren, sahen größeres Potential für Wasserkraft näher an der Erzstraße von Amberg her vor der Senke mit Grasland, in der Hans Kotz schließlich 1464 mit Hilfe eines Dammes den Hammersee aufstaute. 

Die Schwarzfischerin (Ingrid Schieder) streitet mit der Frau des Hammermeister (Kathi Lutter).
Die Zeitreise durch 507 Jahre Eisenproduktion an dieser Stelle unterstrichen die Darsteller des Rings der Eisenzeit mit kurzen Szenen. So schickte eine vertriebene Hadersdorferin (Ingrid Schieder) nach einem Streit mit der Kotzin (Kathi Lutter) einen Fluch auf die Bodenwöhrer herab, und Anfang des 18. Jahrhunderts, dem Jahrhundert der Erbfolgekriege, musste Oberverweser Ehehalt (Alois Feldmeier) 14 Tage bei Wasser und Brot absitzen, weil er das Bucher Eisenbergwerk in acht Jahren nur zwei Mal inspiziert hatte. Dass er einen Arbeiter im Hammerschloss die Treppe hinunter geschmissen hatte, weil dieser mehr Lohn wollte, machte die Sache nicht besser. 
Bekommt Oberverweser Ehehalt (Alois Feldmeier) Ärger mit der Obrigkeit, weil er einen Arbeiter die Stiege runter geschmissen hat? Die bayerische Staatsmacht, vertreten durch Matthias Lutter, hatte ihn fest im Griff.
Viel zu erzählen gab es über den berüchtigten Oberverweser Franz Adam Hofseß, der allerlei Gaunereien auf dem Kerbholz hatte. Dabei war er sehr fromm: Um den Pfarrer zu langen Predigten zu motivieren, besuchte er die Messe in Neuenschwand ab und an mit der Flinte in der Hand. Einen strebsamen Nachfolger hatte Hofseß in Johann Joseph Arnold, der den Weiher weiter aufstaute, den Blechhammer baute und unter dessen Aegide die Hüttenwerksbrauerei (heute Jacob) entstand. Der Hüttenwerkschef, der wegen seiner Verdienste in Bodenwöhr später Spitzenbeamter für alle bayerischen Werke wurde, hatte ebenfalls seinen Auftritt. Matthias Lutter beschwerte sich in seiner Rolle, dass der Oberbergmeister Carl von Bruchenau (Feldmeier) eine Wein-Zeche von umgerechnet rund 12.500 Euro hinterlassen hatte. Da ging ein Raunen durchs Publikum. Applaus bekam der Oberverweser für seine Anregung an Füracker, der Finanzminister möge eingedenk dieser großen Trink-Schuld den Kampf gegen die Blaualgen staatlich fördern und die Sanierung des Hüttenwerkswirtshauses von 1693 mit Städtebaufördermitteln unterstützen.
Johann Joseph Arnold (Matthias Lutter) hatte für Finanzminister Füracker ein paar Anliegen dabei...

Gut beim Publikum kamen auch die Appelle von Süß an den Ehrengast an, der die Bodenwöhrer Wünsche mit wohlwollendem Nicken entgegen nahm. Süß erinnerte daran, dass das historische Hüttenwerkswirtshaus beinahe dem Abbruch freigegeben worden sei und forderte Füracker als Heimatminister auf, das Stoiber-Gesetz zu überdenken, nach dem ein bayerisches Denkmal abgerissen werden kann, "wenn sich aus Einzel-Interessen heraus eine Gemeinderatsmehrheit und ein Landrat dafür aussprechen." Ferner bat Süß um staatliche Unterstützung bei der Altlasten-Sanierung der innerörtlichen Brache "Volksfestplatz" nach dem Stil der Schlackenberg-Sanierung in Sulzbach-Rosenberg, die der Freistaat vor einigen Jahren mit einem Volumen von 62 Millionen Euro komplett selbst bezahlt hat. "Gleichbehandlung wäre hier schön", so Süß. Eine weitere Bitte dürfte nicht ganz ernst gemeint gewesen sein: Als der Kurfürst 1804 die bis dahin staatliche Brauerei an den Bodenwöhrer Braumeister verkaufen ließ, wurde Bodenwöhr von der Getränkesteuer befreit. Diese schöne Tradition scheint Füracker nicht fortsetzen zu wollen.

Der Kunstguss, möglich durch moderne Verfahren und Techniken, machte Bodenwöhr spätestens im 19. Jahrhundert zu einer großen Nummer im europäischen Eisen-Business. Kunstwerke für Herrscherhäuser, die Residenzstadt und ganz Europa enstanden hier, ebenso wie die Anfänge der Wasserversorgung in München. Vom Hammersee stammte auch ein Lastenaufzug für die westindischen Docks in London. Zahnräder für Uhrwerke wurden gegossen und selbst im fernen Brasilien fanden sich Heiligen-Medaillen von hier. Daneben machte Emaille-Geschirr einen großen Brocken im Portfolio aus. Zu Kriegszeiten wurden Kochkessel und Granaten produziert. 

Das Königreich Bayern ordnete immer wieder seine Werke neu und verteilte die Aufgaben unter ihnen. In Bodenwöhr wurden Gewichte, Pumpen, Stall-Einrichtungen, Öfen und später Badewannen trendy. Nach dem Bau der Ostbahn durch Blechhammer wurde der eigene Erz-Abbau unwirtschaftlich und 1877 eingestellt. 1882 bliesen die Bodenwöhrer ihren Hochofen aus. Das Königreich baute am Erzberg in Amberg die Luitpoldhütte, in der Folge bekamen die Gießereien in Bodenwöhr und Weiherhammer statt Erz Roheisen geliefert. Wichtig blieb die Emailliererei. Im 1. und 2. Weltkrieg mussten Kriegsgefangene und Frauen die Arbeit erledigen.

Nach dem Krieg boomte das Hüttenwerk wieder, noch zur 500-Jahr-Feier blickten die Verantwortlichen 1964 optimistisch in die Zukunft. Nur war die Zeit der gusseisernen Wannen vorbei. Die notwendigen Weichen für einen Fortbestand des Werkes wurden nur unzureichend gestellt. Die Schließung 1971 stürzte Bodenwöhr laut Süß nicht nur wirtschaftlich, sondern auch in der kollektiven Psyche in ein tiefes Trauma. Ein Glücksfall sei es gewesen, dass FischerHaus, zehn Jahr jung, gerade Kapazitäten zum Erweitern suchte. Da kamen die vorhandenen Produktionsstätten sowie die motivierten, fleißeigen Mitarbeiter (von denen freilich nur wenige übernommen werden konnten) gerade recht.

Süß dankte der Familie Fuchs, dass die seit der ersten Minute, als die Bodenwöhrer 2008 begannen, sich wieder der eigenen Geschichte zu besinnen, ihrer Verantwortung als "Hüter der historischen Stätten" bestens gerecht geworden seien. Das Konzept "FischerHaus-Gärten" gebe der Bevölkerung nicht nur eine Bereicherung zum Erholen, sondern habe es den Kindern der Grundschule beim Bau des Erlebniskunstwerks Eisenbaum auch ermöglicht, die eigene Geschichte begreifbar nachzuvollziehen. Er schloss mit einem dreifach kräftigen Glück Auf!, in das die Gäste lautstark einfielen. Die Bergmannskapelle ließ sich nicht lumpen und intonierte das Steigerlied.

Pfarrer Johann Trescher ließ es sich angesichts der guten Stimmung nicht nehmen, ein wenig zu frotzeln: Er sei spät gekommen, weil er zuvor in Neuenschwand die Messe gehalten habe, sagte er. Wegen der Hitze ohne Predigt. "Der Hofseß hätte mich wahrscheinlich erschossen", scherzte er. Hätte er gewusst, dass Eisenzeit-Gründer Hubert Süß den Festvortrag hält, hätte er sich indes Zeit gelassen - der habe für die Geschichte eines kleinen Ortes wie Bodenwöhr eine Stunde gebraucht. Dabei habe Süß ihn einmal dafür kritisiert, dass er über das "kurze Leben der Heiligen Barbara so lange predigen" könne. In entsprechend ausgelassener Stimmung ging es nach dem kirchlichen Segen für die FischerHaus-Gärten zur Feier im Zelt. Und als die Sonne versunken war, flammten auf dem Hüttenwerks-Gelände wieder die Feuer auf, wie in den frühen Jahren: Nur war es diesmal kein Hochofen, der angeblasen wurde, sondern die Feuershow zweier junger Frauen aus Schwarzhofen.