Hochzeitsfeiern im Wohnzimmer, Ferntrauungen oder Mischehen stehen im Mittelpunkt einer Sonderausstellung des Heimatkundlichen Arbeitskreises (HAK), die derzeit im Braunkohlemuesum in Steinberg zu sehen ist. Mehr als 150 Hochzeitsfotos aus den vergangenen 100 Jahren bezeugen den Wandel des Hochzeitskults.

Ideengeberin für die Ausstellung war Museumsleiterin Renate Rose, die sich über reges Interesse in der Bevölkerung freut. Unter ihrer Federführung wurde in den vergangenen Monaten in mühevoller Kleinarbeit die Bilderschau vorbereitet. So können beispielsweise Fotos der Familien Rester, Meier, Weiß, Fritsch und Gleixner bestaunt werden. Detailliert wurden hier die Hochzeiten von den Urgroßeltern bis hin zu den Enkeln aufgezeigt.

HAK-Vorsitzender Jakob Scharf hatte in seiner Eigenschaft als Bürgermeister und Standesbeamter in 30 Dienstjahren fast 100 Eheschließungen vollzogen. Als Ortschronist wusste er auch von einer Hochzeit aus dem Jahre 1874, die am "Originalort" im jetzigen Museum, dem damaligen Benefiziatenhaus, zwischen der beim Geistlichen Xaver Wittmann beschäftigten Josepha Stock aus Wiesau und dem Steinberger Gütler Leonhard Donhauser gefeiert wurde. Die Hochzeit hatte sogar ein "gerichtsmassiges" Nachspiel, weil man vergessen hatte, den Gemeindediener einzuladen.

Zwei Jahre später wurde in Bayern die Zivilehe eingeführt und der Bürgermeister traute die jungen Paare Jahrzehnte lang bei sich zu Hause in der "Kuchl" oder im Wohnzimmer. Erst mit der "Umfunktionierung" der Steinberger Schule zum Rathaus im Jahre 1957 wurden die Trauungen im Amtszimmer vollzogen, später dann in der Verwaltungsgemeinschaft im Wackersdorfer Rathaus. Später konnten Ehepaare zwischen Steinberg oder Wackersdorf wählen.

Der HAK-Vorsitzende Jakob Scharf berichtete zudem vielen Veränderungen, die sich im vergangenen Jahrhundert vollzogen haben. Ferntrauungen im Krieg oder die "schwierigen" Mischehen zwischen katholischen und evangelischen Christen zeugen davon. Dies habe sich "Gott sei Dank" ebenso geändert wie die Einstellung zu unehelich geborenen Kindern, die wie ihre Mütter früher gesellschaftlich geächtet wurden. Das Zusammenleben ohne Trauschein, früher undenkbar und zum Teil auch strafrechtlich verfolgt, ist zum Normalfall geworden. Der Gesetzgeber hat in den vergangenen hundert Jahren zum Ehe- und Familienrecht, aber auch zum Scheidungsrecht, gravierende Veränderungen vollzogen, erläuterte der Sprecher.

 Die zahlreichen Hochzeitsfotos belegen diesen allgemeinen Wandel. Auch das Ehepaar Hans Graf und die Steinbergerin Anna Obermeier, die am 15. November 1955 auf dem Englhof bei Bubach geheiratet haben finden eine alte Aufnahme ihrer Hochzeitsgesellschaft. Das schwarze edle Original-Brautkleid von Anna Retzer aus Oder nebst Hochzeitsschmuck sind die Prunkstücke der Ausstellung, die noch in den nächsten Wochen, jeweils am Mittwoch (18 bis 20 Uhr) und jeden Sonntag (14 bis 17 Uhr) im Braunkohlemuseum oder bei Sonderführungen zu sehen ist.