Immer mehr Drogen für wenig Geld auf dem Markt

Regensburg. Es gibt auch in der Region ein großflächig wachsendes Angebot an Drogen, legalen wie illegalen. Viele davon, wie beispielsweise Kokain, werden immer billiger verkauft. Diese Kernaussage traf Dirk Grimm vom Projekt mindzone in seinem Online-Vortrag. Eingeladen dazu hatte die Arbeitsgruppe „Illegale Drogen" im Suchtarbeitskreis Regensburg.

Als früherer DJ und Szene-Gänger verfügt Dirk Grimm über große Erfahrung und gute Kontakte und als Sozialpädagoge im mindzone-Team über ein aktuelles Fachwissen. Mindzone ist ein vom Freistaat seit vielen Jahren gefördertes Projekt und organisiert als suchtpräventive Einrichtung Aktionen in Clubs und in der Partyszene wie zum Beispiel spezielle Schulungen zu drogenrelevanten Themen, speziell zu Partydrogen, zur Suchtentstehung, oder zu Erster Hilfe im Drogennotfall.

Einfacher Zugang: Rauschgift via Internet

Nach Darstellung des Referenten sind die Zugangswege inzwischen scheinbar einfach, etwa im dark net, ganz offen aber auch im clear net. Die Lieferung komme per Paketsendung oder per Taxi-Service. „In einem elastischen Markt suchen sich potente Erzeuger und Logistik-Strukturen ihren Abnehmer", sagt Grimm. Beispielsweise habe es den Anschein, dass die zunächst vor allem in Tschechien produzierten Methamphetamine nun auch in großem Umfang in den Niederlanden und durch die mexikanischen Drogenkartelle produziert werden. Der mindzone-Fachmann stellt fest: „Eine Versorgung in riesigen Mengen ist jederzeit gesichert. So dass selbst ein gigantischer Fund wie jener der Polizei im Hamburger Hafen (Anfang Juni 2021: 16 Tonnen Kokain) zu keiner spürbaren Irritation am Markt führt."

Wie Grimm ausführt, erbringen immer potentere synthetische Drogen für vergleichbar wenig Geld ein Riesen-Volumen an Konsumeinheiten. Ein Problem liege für die Konsumenten allerdings auch darin, die im Mikrogramm-Bereich liegenden Konsumdosen richtig zu bemessen und die dabei entstehenden persönlichen Risiken einzuschätzen. Der Gesetzgeber sei bestrebt, neue Substanzen zu erfassen, sie zu begrenzen oder zu verbieten.

Immer neue Drogen auf dem Markt

Neben neuen gibt es weiterhin alle altbekannten Drogen: Opiate in klassischer oder synthetisierter Form, und natürlich und schon immer, als verbreitetste illegale Droge Cannabis, das immer selbstverständlicher und alltäglicher daherkomme. Diese Entwicklung werde gestützt unter anderem durch die Freigabe und kommerzielle Vermarktung in anderen Ländern und durch die Vermarktung als harmloses CBD (Cannabis-Bestandteil mit beruhigender Wirkung). Der Referent stellte dar, dass immer neue Produkte auf dem Cannabismarkt verfügbar sind, teils mit sehr hohem Wirkstoffgehalt. Ein besonderes Problem bildeten die synthetischen, im Labor hergestellten Cannabinoide. Diese werden den Ausführungen von Grimm zufolge teils auf klassische Cannabisprodukte aufgetragen und können durch ihre sehr hohe Wirksamkeit zu ungewollten Überdosierungen führen, welche teils notfallmedizinisch behandelt werden mussten.

Eine beeindruckende und bedrückende Darstellung für die Zuhörenden – Fachpersonen mit einschlägiger Grundinformation. Was tun? Klar scheint vor allem, dass die seit Jahrzehnten praktizierte Mischung aus Strafverfolgung, Beratung/Behandlung und Prävention weder die gesellschaftlichen noch die individuellen Probleme nennenswert verringert hat. Fachkräfte, die lange Zeit auf Begrenzung des Konsums und auf individuelle Hilfe ausgerichtet waren, stellen nun zunehmend die Fortsetzung der bisherigen Politik in Frage.

Der mindzone-Spezialist lässt bei bestem Kontakt zur Konsumenten-Szene und zum Marktgeschehen ein paar Entwicklungsideen anklingen. Und die Mitglieder des Suchtarbeitskreises verstehen, man könne Konsumenten besser als bisher schützen etwa durch „analysegestützte Beratung" – in anderen Staaten als drug checking bekannt, hierzulande bisher als Element der Risikoreduzierung politisch nicht gewollt.

Kriminalisierung von Konsumenten überwinden

Insgesamt hat sich die Fachwelt seit geraumer Zeit die begrenzte Wirksamkeit des lange gepflegten allgemeinen Abstinenz-Zieles eingestanden. Es brauche angesichts der veränderten Lage nun die Hilfe durch die politischen Entscheider und die Bereitschaft sich mit der bestehenden Situation nüchtern und unvoreingenommen auseinanderzusetzen. Die Arbeitsgruppe im Suchtarbeitskreis ist der Ansicht, dass eine sachliche Analyse der Erfahrungen anderer Staaten und eine unvoreingenommene Diskussion zwischen Politik und Fachwelt notwendig ist, um anstelle von Schlagwörtern wie „legalize it" eine differenzierte, angemessene Haltung zu finden. Sie müsse die oftmals fruchtlose Kriminalisierung von Konsumenten überwinden und hinführen zu einer konstruktiven Neuformierung der Drogenhilfe und der ganzen Gesellschaft. 


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