Zentrale Bedeutung: Gasthaus Schiessl in der Denkmalliste

Bodenwöhr. Letztes Jahr verstarb Paul Schießl und hinterließ mit dem Gasthaus Schiessl am Rathausplatz den wohl markantesten Bau der Ortsmitte seiner Frau, die in Tschechien wohnt. Franz Gruber, der letzte Wirt, verließ das Haus im Herbst. Seitdem steht die Traditionsgaststätte leer. In den letzten Wochen zogen dunkle Wolken über das wohl geschichtsreichste und Ortsbild prägende Haus in der Gemeinde am Hammersee auf. Ein Investor möchte es zugunsten eines Neubaus opfern. Nun gibt es aber große Hoffnung für das Gebäude: Das Landesamt für Denkmalschutz hat es aufgrund seiner Bedeutung für die Entwicklung Bodenwöhrs in die Denkmalliste aufgenommen.

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Jedermann, der schon einmal durch Bodenwöhr gefahren oder gegangen ist, kennt die markante Silhouette des Gasthauses. Seine Bau feiert heuer, unbemerkt von der Öffentlichkeit, übrigens ein Jubiläum: Der bayerische Kurfürst ließ das Haus 1693, also vor 325 Jahren, errichten, um die Hüttenwerksarbeiter mit „praunem Bier“ zu versorgen. Von 1464 an wuchs Bodenwöhr zunächst nicht als Ort, sondern als Hüttenwerk heran, das Eisen produzierte und weiterverarbeitete. Die Siedlungen der Arbeiter scharten sich seit Ende des 17. Jahrhunderts um Werk und Wirtshaus, dem sozialen Mittelpunkt ihres Gemeinwesens.

Nach den Schrecken des 30-jährigen Krieges hatte ab 1670 Johann Schreyer von Blumenthal das Gelände (heute FischerHaus) wieder auf Vordermann gebracht. Nach Eisenerzfunden in der direkten Umgebung kaufte der Kurfürst das Werk auf und initiierte umfangreiche Baumaßnahmen – unter anderem in Form des Wirtshauses.

Christian Dümler vom Landesamt für Denkmalpflege betont, dass der heutige Bau das Ergebnis vieler Um- und Erweiterungsbauten sei. Das Haus hat sich den verschiedenen Anforderungen der Geschichte angepasst, blieb jedoch dabei immer ein Hort der Gastlichkeit und ein guter Platz für einen guten Schluck. Dümler hat für seine Einschätzung alte Steuerkataster, die Blab-Ortschronik und weitere Quellen ausgewertet. Wesentliche Erweiterungen des Originalbaus fanden demnach wohl Ende des 18. Jahrhunderts – hier kam der „Schiessl“ durch Vererbung zu seinem Namen – und in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts statt.

„Über die Wirtshausfunktion hinausgehend handelte es sich bei dem Anwesen also um die zentrale örtliche Nahrungsmittelversorgung des Hammerwerks“, schreibt Dümler in seinem Gutachten. Schweineställe, ein Kuhstall, eine Bäckerei, eine Metzgerei und ein Wirtshausacker gehörten wohl dazu.

Der Fachmann vom Landesamt weist dem Gasthaus eine „zentrale ortsgeschichtliche Bedeutung“ zu, seine Erhaltung sei aus öffentlichem bzw. allgemeinem Interesse erforderlich. Bis in die heutige Zeit hinein haben dort unzählige Familien- und Vereinsfeste, soziale Zusammenkünfte jeder Art stattgefunden. Viele Generationen von Bodenwöhrern begleitete der „Schinack“, wie das Wirtshaus im Volksmund heißt, vom Tauffest über die Hochzeitsfeier bis hin zum Leichtrunk.

Das Gasthaus rettende Gutachten nun ist wohl ein Neben-Ergebnis aus dem Plan eines Investors, das Gebäude zu erwerben und an seiner Stelle ein Rathaus zu bauen, um dieses anschließend der Gemeinde zu verkaufen. Dieses Vorhaben dürfte sich mit dem Eintrag in die Denkmalliste erledigt haben.

Wer den alten Gasthof jetzt noch zu Fall bringen könnte, ist das Landratsamt Schwandorf. Wenn der Investor ein berechtigtes öffentliches Interesse darstellt, kann sich die Kreisbehörde mit Landrat Thomas Ebeling an der Spitze über die Einschätzung des Landesamtes hinweg setzen.

Da es für den Rathaus-Neubau aber mindestens vier Alternativen gibt – Neubau gegenüber an der Stelle des „Alten Rathauses“, Neubau an der Ludwigsheide, Um- und Erweiterungsbau an der Stelle des bisherigen Provisoriums an der Schwandorfer Straße (wie zuletzt von der CSU favorisiert) oder Umnutzung der nur noch sporadisch in Betrieb befindlichen Hauptschule – wird es schwer sein, dieses öffentliche Interesse wirksam zu formulieren.

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