Schwandorf. Das dunkelste Kapitel der Stadtgeschichte liegt 74 Jahre zurück. 1250 Menschen fielen in der Nacht vom 16. auf den 17. April 1945 dem Bombenhagel der englischen und kanadischen Luftstreitkräfte zum Opfer, Tausende wurden verletzt. Innerhalb einer Viertelstunde lag die Stadt in Schutt und Asche.

Oberbürgermeister Andreas Feller würdigte bei der Gedenkfeier am Dienstag in der Fichtlanlage „die großartige Gemeinschaftsleistung der Überlebenden beim Wiederaufbau der zur Hälfte zerstörten Stadt". Die „dramatische Schicksalsnacht" habe die Entwicklung der Stadt völlig verändert. Andreas Feller bedauerte, „dass die Menschen aus den schrecklichen Folgen der vergangenen Kriege nichts gelernt haben". Deshalb mahnte er die Bürger der Stadt, stets für Frieden und Freiheit einzutreten. Kulturelle Herkunft und religiöser Glaube dürften nicht Auslöser von Krieg und Gewalt sein, so der Oberbürgermeister. Jeder einzelne sei gefordert, sich gegen religiöse und rassistische Feindseligkeiten, Intoleranz und Diskriminierung zu stellen.


Vor 80 Jahren, am 1. September 1939, brach der Zweite Weltkrieg aus. Er habe in den Köpfen weniger begonnen und sich rasch zu einem Flächenbrand ausgebreitet, sagte Dekan Hans Amann in seiner Ansprache. Die Menschheit sollte die Lehren aus den schrecklichen Ereignissen ziehen und erkennen: „Krieg löst keine Probleme, sondern schafft welche". Im Gebet gedachte der Geistliche der Opfer des Bombenangriffs im April 1945.
Der evangelische Pfarrer Arne Langbein zitierte aus dem Brief des Propheten Jeremias an die Verbannten in Babylonien: „Wenn ihr mich von ganzem Herzen sucht, will ich mich von euch finden lassen". Von dieser Hoffnung auf Gottes Hilfe hätten sich die Menschen nach der Bombennacht tragen lassen. Die nachfolgenden Generation würden zwar keine Schuld tragen am Terror der Nazis, sollten daraus aber die Lehren ziehen, so der evangelische Geistliche. Dazu könne der Theologe Dietrich Bonhoeffer Denkanstöße geben, der sagte: „Klug ist allein, wer die Wirklichkeit in Gott sieht". Nicht durch Zertrümmerung, sondern durch Versöhnung werde die Welt überwunden.
Arne Langbein mahnte die christlichen Kirchen, auch die weltlichen Aufgaben wahrzunehmen und am menschlichen Gemeinschaftsleben teilzunehmen. Der Geistliche richtete den Auftrag an alle Menschen, unabhängig von Weltanschauung sowie religiöser und kultureller Herkunft, sich einzumischen und gegen Unrecht anzukämpfen. Denn: „Die Welt braucht keine frömmelnden Sprüche, sondern Mut und Öffentlichkeit". Frömmigkeit dürfe nicht zum Selbstzweck verkommen, sondern müsse zum Bekenntnis für eine gerechte Welt werden.
Dies habe sich Dietrich Bonhoeffer zu Herzen genommen, als er sich gegen das Regime gestellt und den Widerstand mit dem Leben bezahlt habe. Arne Langbein stellte den protestantischen Theologen für die Nachwelt zum Vorbild hin, als er sagte: „Er hat es für seine Pflicht angesehen, sich dem Widerstand gegen Hitler anzuschließen". Die Folgen seines Handels seien ihm dabei bewusst gewesen.
Oberbürgermeister Andreas Feller legte gemeinsam mit seinen Stellvertreterinnen Ulrike Roidl und Martina Englhardt-Kopf am Mahnmal in der Fichtlanlage einen Kranz nieder und gedachte mit dieser symbolischen Geste der Opfer des Bombenangriffs vom 17. April 1945. Jährlich findet zur Erinnerung eine Gedenkfeier in der Parkanlage statt, an der Vertreter der Stadt und der Traditionsvereine teilnehmen. Unter ihnen auch Bürger, die damals den Bombenangriff überlebt haben. Gemeinsam beteten sie am Mahnmal um den Frieden in der Welt.
In den Jahren zuvor waren die Gläubigen zum Kreuzberg gezogen und hatten einen Gedenkgottesdienst gefeiert. Die Prozession fiel diesmal aus. Die Messfeier zur Erinnerung an die Opfer von Krieg und Terror fand statdessen am Mittwochfrüh in der Kreuzbergkirche statt.