Mutmacherin begeisterte Berufsschüler

Schwandorf. Sanem Kleff leitet als Direktorin das bundesweite Netzwerk „Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage". An der Schwandorfer Berufsschule traf sie am Freitag (7.6.2019) auf junge Menschen, die aktiv für Toleranz und für gegenseitige Solidarität eintreten.

Die Begeisterung von Sanem Kleff ist ansteckend. Eigentlich ist die Pädagogin am Freitag an das Berufliche Schulzentrum (BSZ) Oskar-von-Miller gekommen, um den Schülern einen detaillierten Einblick in das Projekt „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage" zu geben. Die bundesweite Initiative versammelt unter ihrem Dach mittlerweile stolze 3100 Bildungseinrichtungen, die alle ein Ziel teilen: gemeinsam für Respekt und Toleranz einzutreten, das Wort Courage mit Leben zu erfüllen und keine Diskriminierung zu dulden.

Das BSZ ist bereits seit 2006 Teil dieser Initiative und bemüht sich nach Kräften, seine Schüler mit einer Vielzahl von Projekten für die Werte von Demokratie und Toleranz zu sensibilisieren. Auch weil die Schule ein gebranntes Kind ist und nur zu gut um die tragischen Folgen weiß, die Rassismus haben kann, wie Lehrer Günter Kohl in Erinnerung rief. Denn der Neonazi, der 1988 den Brandanschlag auf das Habermeier-Haus verübte, bei dem vier Menschen ihr Leben ließen, besuchte als Schüler einst die Klasse für Lackiererlehrlinge.

Offener Dialog mit den Schülern

Doch ein langweiliger Vortrag mit plumpen Appellen ist offensichtlich nicht Kleffs Stil. Nur ganz knapp hielt sich die Pädagogin mit den Hintergründen dazu auf, wie die Initiative als Folge rassistischer Brandanschläge entstanden ist, die in den 1990er Jahren zahlreiche Todesopfer forderten. Für sie und ihre Mitstreiter war das der Anlass, selbst die Initiative zu ergreifen, um Leute zusammenzubringen und gerade im schulischen Bereich etwas Gutes zu bewirken.

Viel wichtiger als dieser Exkurs aber war es für Kleff, mit den Schülern selbst zu diskutieren. Darüber, was sie von „Schule ohne Rassismus" erwarten, was diese zentralen Werte für sie in der Praxis bedeuten, wie präsent diese in ihrem Schulalltag sind. Bewusst suchte sie den kritischen Austausch mit den Schülern, auch um ihre Anregungen für die Projektarbeit aufzunehmen. Dabei bewies die ehemalige Lehrerin ein gutes Gespür für deren Bedürfnisse, schon weil sie ihnen auf Augenhöhe begegnete, ja ihnen aufrichtiges Interesse entgegenbrachte.

Angebot noch bekannter machen

Und so entstand nach anfänglicher Zurückhaltung eine durchaus lebhafte, respektvolle und anregende Diskussion, ein offener Ideenaustausch. Das Projekt selbst war für alle Schüler, die sich zu Wort meldeten, ein wichtiges Anliegen. Mit seinen Zielen konnten sie sich vollumfänglich identifizieren. „Es ist wichtig, dass das keine Überschrift bleibt", brachte es ein Schüler auf den Punkt, „dass es von Jahr zu Jahr weiter läuft." Dem konnte Kleff nur zustimmen. „Die Titelverleihung ist immer nur der Anfang", betonte sie. Die drei Punkte, zu denen sich alle Courage-Schulen bekennen, seien lediglich das Minimum. Entscheidend sei, dafür im Schulalltag immer wieder aufs Neue einzutreten.

Genau darauf zielte ein anderer Schüler ab. Für ihn ist es wichtig, das Projekt schulintern noch bekannter zu machen. Das sei die Grundvoraussetzung, damit sich andere Schüler überhaupt einbringen können – gerade wenn Jahrgänge die Schule verlassen und neue hinzukommen, um es kontinuierlich weiter am Leben zu halten. Für Kleff und die Lehrkräfte war das eine wichtige Anregung, die sie dankbar aufnahmen. Im nächsten Jahr könne man etwa eine Infotafel im Foyer aufstellen, so der Vorschlag der Pädagogin, um alle Schüler gut sichtbar auf das bestehende Projekt hinzuweisen und ihnen die Möglichkeit zu bieten, selbst mitzuwirken.

Schülern empfehlen Engagement

Ohnehin war Engagement ein zentrales Schlagwort, das in den Diskussionen immer und immer wieder fiel. Sie könne nur an alle Jugendlichen appellieren, sich zu engagieren und zu informieren, sagte eine Schülerin unter großem Applaus von Schülern und Lehrern. Für einen anderen Schüler wäre es dagegen wünschenswert, die Rolle der Medien genauer zu beleuchten, um deren Funktionsweise zu verstehen. Oft finde sich auch dort Hetze und populistische Berichterstattung, etwa großen Boulevardzeitungen. Besser zu verstehen, wie Medien funktionieren und wie solche Schlagzeilen wirken, könne ein wichtiger Schritt sein.

Andere Schüler wünschten sich wiederum, dass die Schule mit ihrem Projekt mehr in die Offensive geht. Auf die Nachfrage von Kleff, was sie sich denn konkret wünschen würden, brauchten die Schüler zum Beispiel ein Konzert ins Spiel. Bei Lehrer Günter Kohl, der selbst ein Instrument spielt, fand das sofort Zustimmung. „Das ist eine grandiose Idee", sagte er und holte gleich die Respektcoaches des Jugendmigrationsdienstes der Katholischen Jugendfürsorge ins Boot, die auch die Veranstaltung mit Kleff finanziert haben. Diese könnten gegebenenfalls Geld beisteuern, um ein Konzert oder andere Projekte zu realisieren.

Schüler unterstützen Schüler

Aber auch das Thema Integration, das Kleff in die Diskussion einbezog, spielte eine wichtige Rolle im gemeinsamen Austausch. Eine Schülerin der Flüchtlingsklasse erklärte, dass es nicht immer leicht sei, Anschluss zu finden. Vor allem die Sprachbarriere sei das größte Hindernis, deshalb würde sie sich wünschen, dass die anderen Schüler stärker auf die Flüchtlinge zukommen, sie besser mit einbinden. Dem konnte eine weitere Schülerin bloß beipflichten. Zu oft würden Menschen Vorurteilen anhängen, erkläre sie. Umso wichtiger sei es, aktiv auf andere Menschen zuzugehen. „Das sollte man jedem ins Hirn setzen."

Es waren engagierte und reflektierte Beiträge wie diese, die die Debatte prägten und bereicherten. Und nicht wenige Anregungen werden künftig umgesetzt, darunter der Info-Kasten und das Konzert. Fast eineinhalb Stunden hatte sich Kleff am Ende Zeit genommen, um sich mit den Schülern auszutauschen, ihre Erfahrungen aufzunehmen und in ihre Arbeit einfließen zu lassen. Denn junge Menschen, das betonte sie mit Nachdruck, sind für sie entscheidend. In Zukunft seien sie es, die das Land gestalten und prägen, es liege in ihrer Hand. „Bleibt kritisch, hellwach und lasst euch nicht auseinanderdividieren", lautete deshalb Kleffs Empfehlung.

Klüger als die Erwachsenen

So viel aber stand nach der Veranstaltung fest: Um diese jungen Menschen muss sich niemand sorgen – egal, wie oft der Stammtisch den Zustand der Jugend auch beklagen mag. „Häufig seid ihr wesentlich klüger als die Erwachsenen", sagte denn auch Lehrer Kohl und verwies auf zahlreiche Erhebungen, die bei den älteren Generationen regelmäßig höhere Zustimmungen zu antidemokratischen Inhalten feststellen als bei jungen Menschen. „Ihr tickt schon genau richtig."


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