Schwandorf. Seit 38 Jahren liest die pensionierte Lehrerin Sieglinde Ziegler jeden ersten Freitag im Monat den Kindern in der Stadtbücherei vor und weckt bei den kleinen Zuhörern die Fantasie. Regelmäßig schart sie die Kinder um sich und stellt ihnen neue Bücher vor. Wer hochrechnet, kommt auf insgesamt 3000 Bücher, aus denen Sieglinde Ziegler in den fast vier Jahrzehnten vorgelesen hat. „Und das alles ehrenamtlich", betonte Oberbürgermeister Andreas Feller. Er kam am Freitag zusammen mit Mitgliedern der CSU-Stadtratsfraktion in die Bücherei, um Sieglinde Ziegler für dieses langjährige Engagement zu danken.

Mit ihrem pädagogischen Geschick komme Sieglinde Ziegler mit den Kindern regelmäßig ins Gespräch und wecke bei ihnen das Interesse am Lesen, hebt der Oberbürgermeister hervor. Dies erfordere jedes Mal eine gründliche Vorbereitung. 


Sieglinde Ziegler erinnert sich an jenen Tag im Jahre 1981, als man sie um „Unterstützung bei einem Vorlesenachmittag" gebeten hat. Sie sagte zu und ist bis heute geblieben. Seitdem liest die pensionierte Lehrerin jeden ersten Freitag im Monat den Kindern in der Stadtbücherei vor und lässt sie erzählen. 



Weil sie nie genau weiß, wer am Freitag kommt, hat Sieglinde Ziegler immer gleich mehrere Titel parat. Vom Bilderbuch für die Kleinsten bis zur Lektüre für die Grundschüler. Zu bestimmten Anlässen gibt es ein besonderes Programm. An Fasching maskieren sich die Kinder und ziehen singend und tanzend durch die Bücherei, bevor sie sich zu ihrer Erzählerin dazu setzen. Auch der Nikolaus und der Osterhase kommen zur rechten Zeit. Schon während des Studiums an der pädagogischen Hochschule in Regensburg interessierte sich die damalige Studentin für Kinderliteratur. Am meisten beeindruckt war sie von Astrid Lindgren und ihrer „Pippi Langstrumpf". Endlich ein Mädchen, das selbstsicher und stark auftrat und so gar nicht dem Klischee vom „Heimchen am Herd" entsprach.


Wenn sie die Kinder zum Erzählen bringt, achtet Sieglinde Ziegler darauf, „dass sie in ganzen Sätzen sprechen". Sie will die Fantasie der kleinen Zuhörer anregen und sie zum Lesen ermuntern, abseits von Computer, Fernseher und Smartphone. Sie selbst liest am liebsten Krimis. Hatte sie nicht selbst einmal den Ehrgeiz, ein Buch zu schreiben? „Nein", lacht Sieglinde Ziegler, „das hat mich nie gereizt". Sie beschäftigt sich lieber mit Büchern bekannter Autoren, fährt zu Buchmessen, macht Jury bei diversen Vorlesewettbewerben und organisiert seit 1981 Theaterfahrten nach Regensburg. Das vielfach begabte Multitalent singt im Kirchenchor St. Paul und spielt Geige im Kammerorchester.


Die 80-jährige denkt noch keineswegs ans Aufhören. Auch wenn der langjährige Büchereileiter Alfred Wolfsteiner in Pension gegangen ist. Nachfolgerin Leonie Flachsmann ermuntert sie zum Weitermachen und sagt: „So eine wertvolle Mitarbeiterin findet man kein zweites Mal". Als Lehrerin wisse Sieglinde Ziegler, wie man Kinder erreiche. Im Namen der Fraktion überreichte ihr Christian Eimer einen Blumenstrauß und bedankte sich für „die professionelle Arbeit".


Jeden ersten Freitag im Monat kommt Sieglinde Ziegler nach wie vor in die Bücherei und hält Vorlesestunde. „Es macht immer noch großen Spaß", versichert die Lektorin. Auch wenn der Kreis der Kinder in letzter Zeit kleiner geworden sei. „Früher kamen regelmäßig 30 bis 40 Kinder, heute sind es deutlich weniger", erklärt Sieglinde Ziegler. Sie würde aber auch einem einzigen Kind vorlesen. „Wir legen großen Wert auf Leseförderung und eine enge Zusammenarbeit mit den Schulen", betont Büchereileiterin Leonie Flachsmann. Auch das regelmäßige Kindertheater in der Bücherei rege die Fantasie der Kinder an und ermuntere sie, sich zu äußern. Ferner fördert Leonie Flachsmann die Kooperation mit den Schulen und richtet in der Bücherei den Vorlesewettbewerb des Deutschen Buchhandels für die sechsten Jahrgangsstufen aus.