Diebstahl von Holzbalken aus einem Gartengrundstück

Bodenwöhr. Wer am 20. Juni in einem Bodenwöhrer Biergarten Mäuschen spielte, konnte einer angeregten Debatte entnehmen, dass es für den Ortskern große und einschneidende Pläne gibt. Wenn es nach dem Investoren-Duo Michael Kraus und Michael Erhardt geht, wird aus dem Zentrum Bodenwöhrs ein gutes Geschäft für ihre neu gegründete MiKe GmbH. Bei dieser Variante bliebe einseitig kein Stein auf dem anderen - auch nicht beim Denkmal geschützten Gasthof Schiessl.

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Allerdings stehen nicht alle Gemeinderäte  einer solchen hochriskanten kompletten Umformung positiv gegenüber. Die Gegen-Idee ist eine nachhaltige Belebung, die den geschützten Gasthof Schiessl als einen zentralen Treffpunkt für Einheimische und Urlaubsgäste erhält bzw. reaktiviert.

Viele Bürger glauben, dass der Gasthof Schiessl gerettet sei, seit er vom Landesamt für Denkmalpflege unter Schutz gestellt wurde (siehe www.ostbayern-kurier.de unter Bodenwöhr). „Der Fachmann vom Landesamt weist dem Gasthaus eine „zentrale ortsgeschichtliche Bedeutung“ zu, seine Erhaltung sei aus öffentlichem bzw. allgemeinem Interesse erforderlich.“, heißt es in dem Artikel. Alles gut soweit? Leider nein. 

Die oben genannten Investoren haben das Gasthaus wohl erworben und wollen es abreißen. An seiner Stelle möchten sie – trotz zahlreicher sinnvoller Standort-Alternativen – einen Rathaus-Neubau hochziehen, den ihnen die Gemeinde anschließend abkaufen soll. Ob der Denkmalschutz das Gasthaus, dessen Wurzeln bis in die Hüttenwerks-Ära des 17. Jahrhunderts zurück reichen, das verhindern kann, liegt in den Händen von Landrat Thomas Ebeling. Entscheidet er, dass das „öffentliche Interesse“ an einem neuen Rathaus ausgerechnet an dieser Stelle größer sei als das am Erhalt der Traditionsgaststätte, dann kann er den Denkmalschutz aufheben. Der Landrat wird dazu den Gemeinderat hören. 

Warum aber sollte der Zustimmung signalisieren, wenn der Gasthof den Bodenwöhrern offensichtlich sehr am Herzen liegt, wie auch die zahlreichen Facebook-Reaktionen auf den OK-Artikel zeigen?

Weil Kraus & Co. einmal mehr mit dem Bau eines neuen Supermarktes locken, der nun plötzlich neben dem Standort des Gasthauses entstehen soll. Ähnlich hat das Michael Kraus erst vor wenigen Monaten getan und so die Gemeinderäte mit dem Versprechen auf einen Discounter dazu veranlasst, den Wald in der Verlängerung der Weihersiedlung Richtung Blechhammer aus dem Landschaftsschutzgebiet herauszunehmen.  Die Aussicht auf einen Markt scheint bei manchem Ratsmitglied die Fähigkeit zur kritischen Skepsis und Nachfrage auszuschalten.

Dabei gibt es wesentlich mehr Gründe für Zweifel als für Euphorie, was das Projekt betrifft. Die Investoren haben nach Kenntnis unserer Redaktion bislang wohl keinerlei Machbarkeitsstudien, Business-Pläne, Kalkulationen etc. vorgelegt, wie das andernorts bei solchen Großprojekten selbstverständlich ist. Stattdessen versucht Michael Kraus, der als ehemaliger CSU-Fraktionschef Menschen und Mechanismen im Rathaus bestens kennt, scheinbar alleine über seinen persönlichen Einfluss das Vertrauen des Gemeinderates herzustellen.

Anderenorts würde eine derart unwiderrufliche und radikale Umformung des Ortskerns breit und öffentlich, mit solider Datenbasis diskutiert, behandelt und entschieden werden. Etliche Argumente sprechen  gegen die MiKe-Pläne:

Es gibt mit dem bisherigen Standort Schwandorfer Straße (von der CSU bisher favorisierte Variante mit Erweiterungsbau), mit dem Standort Altes Rathaus am Rathausplatz (gerne in einer dreistöckigen Variante, die hier absolut ins Ensemble passen würde), der Ludwigsheide (Forstmaschinenbetrieb) und der alten Hauptschule genügend Alternativen, die teilweise der Gemeinde schon gehören und die teils dringend auf eine Sanierung bzw. Neu-Nutzung warten. Wenn sich ein öffentlicher Bauherr etwas von einem Privaten bauen lässt, um es anschließend zu kaufen oder zu mieten, fährt er am Schluss meist schlechter, als wenn er die Sache selbst in die Hand nimmt. Immerhin will der Investor ja verdienen. 

Fazit: Man würde ein Gasthaus, das für den Ort, das Ortsbild, die soziale Gemeinschaft und den Tourismus wichtig ist, opfern, um teuer ein Rathaus zu kaufen – wesentlich teurer als etliche Varianten, die bisher im Gespräch waren. Dafür würde die Gemeinde das Alte Rathaus und den jetzt genutzten Bau an der Schwandorfer Straße behalten und damit auch sanieren sowie einer neuen Nutzung zuführen müssen.

Ein Supermarkt, wie die MiKe GmbH ihn angeblich plant, passt meiner Meinung nach an den favorisierten Standort überhaupt nicht. Erstens wäre er zu nahe am bestehenden Edeka, was eine kannibalistische Konkurrenz auslösen würde. Zweitens ist die gängige Praxis heutiger Supermarkt-Ansiedlungen, dass der Laden von weithin sichtbar sein und ebenerdige Parkplätze VOR der Tür aufweisen muss. Tiefgarage und Stellplätze hinterm Haus sind nutzlos. Die Morgen-/Abend-Einkäufer auf dem Weg zur bzw. von der Arbeit oder Baustelle wollen kurz halten, eine Brotzeit kaufen und vielleicht noch schnell den Tagesbedarf abdecken. 

Die Tages-Einkäufer wollen ihre schweren Einkäufe mit dem Wagen nicht weit zum Auto fahren müssen. Der erste Supermarkt von Michael Kraus in der Nähe schloss vor Jahren. 

Dass ein solcher Supermarkt ungut für einen lebendigen Ortskern sein kann, zeigt das Beispiel der Ladenzeile in Schwarzenfeld. Hier freut sich zwar der Investor über schöne Mieteinnahmen, jenseits der Einkäufer herrscht hier aber – vor allem also außerhalb der Laden-Zeiten – Totenstille. Trotz eines kleinen Cafés, das dort angesiedelt ist. Deprimierend zu betrachten ist auch das  Liliencenter am Rand des Stadtkerns von Sulzbach-Rosenberg, wo die Platzierung der Tiefgarage und der unattraktive Bau des Ladenzentrums Leerstand um Leerstand produziert haben. Ein weiteres Beispiel für eine schlechte Kombination aus unbequemem Parken und Einkaufen ist das ehemalige Kaufland in Schwandorf.

Wer trägt das Risiko? Das wirtschaftliche Risiko trägt bei einem solchen Projekt zunächst der Investor – möchte man meinen. Wer genauer analysiert, sieht aber: Eigentlich trägt die Allgemeinheit das viel höhere Risiko. Wäre der Gasthof Schiessl erst abgerissen und hätte die Gemeinde ein sehr hochpreisiges Rathaus gekauft – wie ginge es dann weiter? 

Eine GmbH wie die MiKe verfügt in der Regel nur über ein sehr kleines Stammkapital. Wird die GmbH zahlungsunfähig, geht sie in die Insolvenz und die Gesellschafter verlieren in der Regel nicht mehr als diese Summe. Das ist in der Geschichte des Betonwerks Hemmerlein, das heute Michael Erhardt mit seinem Bruder leitet, schon zwei Mal der Fall gewesen. Das ist kein Vorwurf – so etwas kann immer passieren – es ist einfach eine Tatsache. Tritt ein solcher Fall ein und ist der Gewinn aus dem Rathaus-Verkauf bereits an die Gesellschafter ausbezahlt, bleibt Bodenwöhr unter Umständen auf einer wüsten Leerstand-Situation, angefangener Supermarkt-Baustelle o.ä. sitzen. 

Auch wenn es zu keiner Pleite käme: Würden die Verträge mit der MiKe GmbH von Seiten des Gemeinderats zu euphorisch abgeschlossen, bliebe die Gefahr, dass Kraus & Co. auch dieses Supermarkt-Vorhaben so schnell ad acta legen würden wie das letzte in der Weihersiedlung. Nicht unwahrscheinlich angesichts der meiner Ansicht nach fehlenden Aussicht auf wirtschaftlichen Betrieb. Der Gasthof wäre verloren, das teure Rathaus gebaut und abgekauft, und der Gemeinderat müsste Michael Kraus, dem inzwischen weite Teile des Ortskerns gehören, zu praktisch jedem anderen Vorhaben die Zustimmung erteilen, um Brachen und Leerstände im Ortskern zu vermeiden.

Die Gemeinde hat viele Anstrengungen in Sachen Ortskern unternommen, damit Bürger, Vereine und Urlauber vom einzigartigen Flair des Rathausplatzes und des Vorplatzes vom Gasthof Schiessl profitieren können. Den Gasthof zu opfern, der viele Generationen von Bodenwöhrern von der Wiege bis zur Bahre begleitet hat und auch weiter begleiten kann, und dafür eine sehr lange Supermarktfassade an der Hauptstraße zu schaffen, die aus wirtschaftlichen Gründen nach den ersten paar Jahren evtl. zur Lagerhalle degradiert wird (so geschehen im Discounter-Leerstand in Schwarzenfeld), kann nicht Ziel einer zukunftsgerichteten Ortsentwicklung sein.

Autor und Ostbayern-Kurier Herausgeber Hubert Süß.

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