VIDEO: Kreis Cham wird digitale Vorreiterregion

Wenn ein Minister 15 Millionen Euro dabei hat, wird er in der Regel nicht gehaut. Alexander Dobrindt, im Bund für Verkehr und Infrastruktur, damit auch für Internet zuständig, war sich am Montag aber nicht ganz sicher. Im Landratsamt Cham war sein Entwurf des Bundesverkehrswegeplans nicht gut angekommen (siehe eigener Artikel). Dafür fördert der Bund nun zusammen mit dem Freistaat den Ausbau des schnellen Internets im ganzen Kreis Cham - also auch zu jenen weißen Flecken, die das allseits gelobte bayerische Förderprogramm bislang nicht erreicht hatte. In der Konsequenz heißt das jetzt: flächendeckend Glasfaser "bis 2018", wie Landrat Franz Löffler sportlich forderte. Den symbolischen Glasfaserstrang, den es als Geschenk gab, setzte er dann auch nicht als Waffe gegen Dobrindt ein, auch wenn der  Minister so etwas nach seinen eigenen Worten anfänglich befürchtet hatte.

Wenn die Chamer etwas wollen, dann können sie da sehr nachhaltig sein - davon wussten der Bundesverkehrsminister ebenso wie der bayerische Finanzstaatssekretär Albert Füracker beredt zu berichten. Füracker war gerade einmal eine Stunde im Amt, als ihn Löffler anrief und fragte, wie das jetzt sei mit der Förderung fürs schnelle Internet. Es sollte nicht der letzte Anruf sein.  Flankierend dazu bearbeitete MdB Karl Holmeier den Minister in Berlin.

Finanzminister Dr. Markus Söder und Füracker haben in dieser Legislatur das bayerische Förderprogramm ins Leben gerufen. Mit 1,5 Milliarden Euro Volumen eine der größten freistaatlichen Infrastrukturmaßnahmen dieser Zeit. Das Bundesprogramm brauchte länger und die Förderquote liegt mit 50 Prozent deutlich unter den 80 bis 90, die Väterchen Freistaat gewährt. Nun werden bereits 85 Prozent der Menschen und 80 Prozent der Fläche im Kreis Cham durch die Kommunen mit 50 MBit/s versorgt, dank der Münchener Förderbescheide. Doch was ist mit den restlichen (richtig teueren) weißen Flecken? Es geht um über 6000 Privatanwesen und rund 1300 Firmen. Franz Löffler hat die 39 Bürgermeister seines Landkreises zusammen geholt - 37 von ihnen schlossen sich unter seinem Dach zu einem Landkreis-Antrag nach Berlin zusammen - und bekamen gemeinsam mit Straubing-Bogen und Pottenstein als erste ein sagenhaftes Tintenkiller-Modell für ihre weißen Flecken genehmigt. Ein Modell, für das Minister Söder in München noch einmal 165 Millionen locker machen konnte, dank der sprudelnden Steuereinnahmen, wie Füracker im OK-Gespräch verriet.

Franz Löffler gibt Gas

Die 50 Prozent des Bundes stockt der Freistaat so weit auf, dass auch hier 80 bis 90 Prozent Gesamtförderung erreicht werden. Für die bisherigen Maßnahmen im Kreis Cham hatte Söders Ministerium bereits 12,6 Millionen Euro an festen Förderzusagen verteilt. Die Erschließung des teueren Rests dürfte nach Schätzungen rund 30 Millionen kosten. 15 Millionen übergab Dobrindt am Montag an Franz Löffler in Form eines Bescheids - mit der Maßgabe, das Geld "so schnell wie möglich auszugeben", was dieser umgehend versprach. Die Ausschreibungen sollen die nächsten Wochen laufen, gebaut wird dann 2017/2018. Staatssekretär Füracker hatte für die Co-Finanzierung weitere 11,85 Millionen in Bescheid-Form dabei ("der größte Bescheid, den ich in meiner Laufbahn als Staatssekretär jemals in der Hand hatte"), so dass der Freistaat in den digitalen Kreis Cham insgesamt 24,5 Millionen Euro investiert. Die Kommunen müssen für den Tintenkiller also nur gute 3 Millionen Euro aufbringen.

Löffler forderte seine in großer Zahl versammelten Bürgermeister auf, ein Auge auf die Tiefbaumaßnahmen zu haben. Es müsse etwas "Gescheites" verbaut werden und da dürfe dann hinterher nichts mehr fehlen, sagte er. Glasfaser sei Pflicht, die heute vielfach zitierten 50 MBit seien noch nicht das Ende der Fahnenstange. Er dankte den Überbringern der Zuwendungen und MdB Holmeier für seinen Einsatz. Besonders freute ihn, so der Landrat, dass der Freistaat nach der Förderzusage aus Berlin keine eigene Prüfung der örtlichen Gegebenheiten und Antragsunterlagen mehr ansetzte, sondern sich auf das Ergebnis der Prüfung im Bund verließ. Damit sei unnötige Bürokratie vermieden worden, die Kommunen und Landratsämter oft durchaus fordere.

Der Landrat verpasste die Gelegenheit nicht, Dobrindt in Sachen Bundesverkehrswegeplan die Chamer Wünsche noch einmal deutlich vorzutragen, wie er es gleich nach Veröffentlichung des Arbeitsentwurfs bereits "schriftlich getan" hatte, wie sich Dobrindt deutlich erinnern konnte.

Betriebe und junge Leute halten

Der Minister lobte die anwesenden Mandatsträger und Kommunalpolitiker sowie Behördenvertreter als "Taktgeber der Digitalisierung in der Region". Cham habe gezeigt, dass es Wohlstandsregion bleiben wolle. Der Bund profitiere vom "exzellenten Programm" im Freistaat. Der kostenintensive Ausbau des schnellen Netzes im ländlichen Raum verhindere eine Zwei-Klassen-Gesellschaft in Bayern. Nur so könnten hier Betriebe und junge Leute gehalten werden. Zwischen der Entwicklung der Bundesförderung sowie der Kombinierung mit dem bayerischen Programm im November und der Umsetzung heute seien nur wenige Monate vergangen. Löffler habe vor Ort wie ein Scharnier zwischen den Arbeitsebenen der Ministerien in München und Berlin gewirkt. Dadurch habe er den maximalen Profit für seinen Kreis heraus geholt, ein Modell, das zur Nachahmung empfohlen sei (der Antrag des Nachbarlandkreises Schwandorf läuft bereits und wird wohl mit der zweiten Welle beschieden, d. Red.).

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Franz Löffler ergänzte, das schnelle Internet sei auch in seinem Landkreis eines der größten Infrastruktur-Projekte überhaupt. Albert Füracker ergänzte launig, wenn jemand bei einem solchen Termin geschlagen werde, treffe es eigentlich nie die Minister, sondern immer die Staatssekretäre. "In den Landkreis Cham kann man nur kommen, wenn man darauf vorbereitet ist, dass ein erfüllter Wunsch die Grundlage für einen neuen Wunsch ist", sagte er in Anspielung auf Löfflers Nachforderungen in Sachen Straßenbau am Tag der großen Bescheid-Übergabe. Aber: "Ungeduld kann eine positive Eigenschaft sein, wenn man für die Heimat etwas bewegen will". Füracker betonte, wie wichtig das schnelle Netz heute für alle Generationen geworden sei ("Faktor der Daseinsvorsorge").

"Wir fördern keinen Kupfer"

Der Finanzstaatssekretär widersprach der jüngst aufgekommenen Kritik am Freistaats-Programm, hiermit würde das Ministerium den Ausbau in Kupferleitungen fördern. Minister Söder und er setzten rein auf Glasfaser. Wenn ein Bürgermeister jedoch in der "letzten Meile" bis zu etlichen Privathaushalten eine intakte Kupferleitung behalten wolle, bis das nächste Mal sowieso Tiefbaumaßnahmen anstünden, "dann will ich den Bürgermeister nicht dazu zwingen, gleich aufzureißen", so Füracker. Er forderte Dobrindt dazu auf, gemeinsam mit dem Freistaat in Brüssel dafür zu kämpfen, dass die EU den Standard für schnelles Internet nicht bei 30 MBit/s festlege. Das würde nationale Fördermaßnahmen für bessere Übertragsungsraten verhindern.

MdB Karl Holmeier lobte, dass Breitband im Kreis Cham Chefsache des Landrats sei. Anerkennende Worte fand auch der Walder Bürgermeister Hugo Bauer, Bezirkschef im Bayerischen Gemeindetag. Auf Chamer Art. Er attestierte den Gästen ebenfalls, dass es bei einem solchen Anlass keine Schläge geben müsse.

 

 

 

 

 

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