Generelle Testpflicht an den Schulen für den Präsenzunterricht - das hat das bayerische Kabinett im Kampf gegen Corona am Mittwoch beschlossen. Tags zuvor erreichte uns folgende Zuschrift zweier 18-jähriger Fachabiturientinnen, die in Kürze ihren Abschluss an der FOS Schwandorf machen werden und sich kritisch mit der Testpflicht auseinandersetzen.


Leserbriefe geben nicht die Meinung der Redaktion wieder.

Wir sind zwei Schülerinnen der Fachoberschule und gehen in die 12. Klasse. Mittlerweile befinden wir uns kurz vor dem Schulabschluss, sozusagen auf der Zielgeraden. Doch nun werden uns Steine in den Weg gelegt, die für uns massive Probleme bedeuten. Aber beginnen wir von vorne.

Am 16.03.2020 wurden wir in den ersten Lockdown geschickt, die Schulen wurden geschlossen und wir fürs Erste uns selbst überlassen. Einige Lehrer gaben sich tatsächlich Mühe, uns mit Unterrichtsstoff zu versorgen, boten uns Hilfe an und ließen uns nicht alleine. Andere wiederum schickten uns, wenn überhaupt, 10 Arbeitsblätter auf einmal zu und tauchten ab und vergaßen uns dann für die nächsten drei Wochen. Internetplattformen wie Mebis funktionierten nicht und Besprechungen über Zoom waren eine wahre Seltenheit.

Ende Juni durften wir dann endlich wieder in die Schule zurück. Natürlich nur unter der Einhaltung des Mindestabstands von 1,5 m und Tragen der Masken im Schulhaus. Auf unserem Sitzplatz durften wir diese aber zu diesem Zeitpunkt wieder absetzen. Unsere Lehrer versuchten vergeblich, den verlorenen Stoff von drei ganzen Monaten aufzuholen, was ihnen aber unsere Meinung nach nur sehr dürftig gelang. Besonders wurde dies zu Beginn des Schuljahres 2020/21 deutlich. Die ersten zwei Wochen wurden wir dann dazu verpflichtet, den Mundnasenschutz auch zur kompletten Unterrichtszeit zu tragen. Kopfschmerzen und Hautreizungen waren die Folge. Nach dieser Zeit wurde dies wieder aufgehoben und die Schutzmaske war nur noch auf dem Schulgelände, sprich auch an der frischen Luft, Pflicht. 

Obwohl wir Präsenzunterricht hatten, wurden wir trotzdem teilweise über die Lernplattform MS Teams mit Unterrichtsmaterial versorgt. Bis kurz vor den Weihnachtsferien lief es dann wirklich sehr gut. Doch dann fing das ganze Problem von vorne an. Von Mittwoch, den 16.12. bis Freitag 18.12.2020 wurde Online- Unterricht abgehalten und ab 21.12.2020 begannen die verfrühten Weihnachtsferien. Nach diesen befanden wir uns wieder im Homeschooling. 

Zu unserem Glück war unsere Schule und die Lehrer dieses Mal sogar gut vorbereitet. Die Aufträge lauteten nun: „Selbstständiges Erarbeiten von Unterrichtsmaterial". Wir durften unter Einhaltung der vorgegebenen Deadlines Vorträge, Handouts oder PowerPoint- Präsentationen erstellen und diese wurden benotet. Natürlich ist es uns bewusst, dass es zu diesem Zeitpunkt nicht anders ging. Trotzdem hatten wir das Gefühl, dass den Lehrern unsere Bildung ziemlich egal war, denn Lösungen ohne Erklärungen reichen nun wirklich nicht aus, um uns anständig zu fördern. 

Wir als Abschlussklasse hatten das Privileg, ab dem 01.02.21 den Unterricht wieder besuchen zu können. Dies erfolgte im Wechselunterricht, der Einhaltung des Mindestabstandes und das ständige Tragen einer Mundnasenbedeckung. Dies funktionierte auch als der Inzidenzwert bei uns im Landkreis schon fast bei 300 war. Wie haben wir das nur überlebt?

Seit einem Jahr befinden wir uns in dieser Pandemie. Seitens der Politik wurde nichts anderes zu Stande gebracht, außer Hände waschen, Abstand halten, Mundschutz tragen, Fenster und Türen offen zu halten und wenn es dann doch mal zieht, weil es schon mal sehr kalt werden kann, dann sollen wir Klatschen und Kniebeugen machen. Doch jetzt denken sie, dass sie die optimale Lösung gefunden haben. Die Lösung heißt Selbsttests in den Schulen. Und „in" ist sehr wörtlich gemeint, denn wir müssen in die Schule, um uns dort testen zu lassen. 

Entweder haben wir etwas nicht ganz verstanden, aber der Sinn bleibt unserer Meinung nach auf der Strecke. Kurzes Szenario: Ein Kind geht in die Schule, wird positiv getestet und soll so schnell wie möglich abgesondert werden wie Müll. Sollte das Kind Eltern haben, denen es möglich ist, das Kind mit dem Auto abzuholen, wäre dies klar von Vorteil. Doch wie sieht das dann aus, wenn das Kind mit Bus oder Bahn zur Schule fahren muss? Problemstellungen wie diese werden irgendwie vergessen, oder?

Die Regierung erwartet von uns Vertrauen in ihre Arbeit, doch uns wird keines entgegengebracht. Zumindest nicht den Schülern oder den Eltern bzw. den Erziehungsberechtigten. Denn dann könnten wir diese Tests wenigstens von zu Hause aus machen. Außerdem sind wir der Meinung, dass wir uns weitere Unterrichtszeit, die verloren geht, nicht leisten können. Darüber hinaus wurde uns noch vor kurzem erzählt, dass diese Art von Tests stets von Fachpersonal durchgeführt werden kann. Warum jetzt nicht mehr? 

Zusätzlich wird einem deutlich, dass die Testung keinen Sinn ergibt, wenn man absolut gesund ist. Man fährt doch auch nicht in ein Krankenhaus, um sein Bein röntgen zu lassen, obwohl man dort nicht mal Schmerzen verspürt. Die Pandemie nimmt doch nie ein Ende, wenn man direkt danach sucht. Also warum testen ohne Symptome? Diese Fragen und noch viele mehr lassen uns den Sinn der Selbsttests hinterfragen.

Ein weiterer Punkt, der uns Angst macht, ist folgender. Wir erhielten zuerst einen Brief, in dem stand, dass dieser Selbsttest zur Erkennung einer SARS-CoV-2-Infektion stets auf freiwilliger Basis erfolgt und uns auch bei einer nicht Einwilligung keine Nachteile bevorstehen würden. Doch schon zwei Tage darauf die überraschende Wende. Selbsttests sind bei einer Inzidenz über 100 Pflicht. 

Wir werden jetzt vor die Wahl gestellt. Entweder wir unterziehen uns dem Selbsttest oder wir werden vom Präsenzunterricht komplett ausgeschlossen und dürfen keine Leistungsnachweise mehr mitschreiben. Da dies noch nicht reicht, müssen wir uns außerdem die kompletten Inhalte des Unterrichts selbst erarbeiten. Schon alleine, dass man unter Druck gesetzt wird, eine solche Entscheidung zu treffen, grenzt für uns schon an Erpressung. Natürlich ist es für die Politik bzw. für diejenigen die davon nicht unmittelbar betroffen sind, keine große Sache junge Menschen vor die Wahl nach dem Prinzip „Friss oder Stirb" zu stellen.

Es ist nicht nur ein unglaublicher Zwang, welcher auf uns Schüler ausgeübt wird, nein, man lässt uns einfach hängen, wenn man mal nicht nach der Pfeife der hohen Tiere hier tanzt. Man strengt sich an, steckt enorm viel Zeit und Kraft für gute Leistungen in der Schule. Doch für was? Für das Resultat, dass uns zwei Monate vorher gesagt wird, dass unsere Anstrengungen komplett umsonst waren, wenn man sich nicht einer Testung unterzieht. Die Perspektivlosigkeit junger Menschen interessieren sowieso niemanden. Man hat ihnen schon viel zu viel weggenommen. Jetzt auch noch das Recht auf Bildung.

Wir verfolgen nicht die Absicht, Mitleid von Ihnen zu erhalten. Wir wünschen uns nur Verständnis für unsere Jugend bzw. uns Schüler. Kein Erwachsener kann sich tatsächlich in unsere Lage versetzen. Zum Wohl der Bevölkerung gehören auch wir dazu. Wir sind eure Zukunft, wir müssen die Schäden und die Schulden von euch tragen. Doch wie soll das funktionieren, wenn uns auch noch unsere Bildung weggenommen wird?

Die Bildung bleibt vielleicht bestehen, doch zu welchem Preis. Und wenn wir auf eine Bildung angewiesen sind, die uns automatisch in ein System, welches wir nicht verstehen, wirft, dann können wir auch gerne darauf verzichten. Wir sind wahrlich enttäuscht von dieser Zeit und unserer Politik!

Wir möchten mit unserem Schreiben niemanden beleidigen, beschuldigen oder angreifen. Es ist lediglich unsere Absicht, Sie zum Nachdenken anzuregen. Natürlich sind wir uns dessen bewusst, dass es wahrscheinlich niemanden interessieren wird, allerdings wollen wir unsere Meinung dazu abgeben und sprechen somit für ALLE Betroffenen und all diejenigen, die den Mut nicht aufbringen, um sich einmal zu wehren.

Angesichts der derzeitigen Lage sollten Sie es schätzen und respektieren, dass Schüler sehr viel Zeit, Aufwand, Mühe und freie Nachmittage opfern, um tatsächlich etwas zu bewirken.

Wir hoffen, dass unsere Bemühungen nicht umsonst gewesen sind!

Mit freundlichen Grüßen

Lena Walter und Emilie Malawski"