Bilder: Siegfried Bruckbauer

Helfer aus unserer Region engagieren sich für Flüchtlinge im Mittelmeer - und sie sind frustriert. Am 6. April stand auf der Homepage der Hilfsorganisation Flying Help zu lesen: “Etwa 200 Menschen sitzen auf der Mittelmeerinsel Kos fest, davon etwa 60 im Gefängnis. Der Hotspot soll am 14.4. öffnen. Wir versorgen die Menschen nach wie vor mit Kleidung, Nahrung und Hygieneartikeln. Etwa 100 Euro werden täglich nur für Lebensmittel ausgegeben. Wir bitten weiter um Spenden.“

 

Die tapferen Helfer, die seit Sommer 2015 hier zusammen mit Kos Solidarity, dem UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR und anderen Organisationen tausende Menschen versorgt haben, klingen etwas geknickt. Kein Wunder, verlangt die griechische Polizei doch seit kurzem, dass die nächtlichen Patrouillen der Hilfsorganisationen die aufgefundenen männlichen Flüchtlinge in ein Gefängnis bringen müssen.

Die Behörden haben Angst, dass die Flüchtlinge sich auf eigene Faust in Richtung Deutschland aufmachen, um so der derzeitigen Auslieferungspolitik zwischen Griechenland und der Türkei zu entgehen. Das ist für die Helfer inakzeptabel - in Absprache mit anderen Nichtstaatlichen Hilfsorganisationen (NGOS) und UNHCR – werden weder von flying help noch von Kos Solidarity derzeit weitere Patrouillen gefahren.

„Sollen wir die Menschen, die aus der Hölle des Krieges geflohen sind und es bis hierher geschafft haben, einsperren?“, klagt Mike Goldhahn, Gründer und Koordinator der Flying Help-Organisation aus Fischbach bei Nittenau an. „Das Gute an diesem politischen Abkommen ist, dass keine Leute mehr übers Meer kommen werden“, prognostiziert Mike.

"Die Menschen werden andere Wege finden"

Knapp sieben Kilometer übers offene Meer in den Schlauchbooten hat allein 2015 über 4000 Menschen, darunter vielen Kindern, das Leben gekostet. Wer es gegen alle widrigen Umstände schafft, erreicht das ersehnte Land oft nur mit letzter Kraft, dehydriert und traumatisiert. „Die Schattenseite – die Menschen, die unbedingt weg wollen, aus ihrer bombardierten Heimat, ihrem Alptraum, werden andere Wege finden.“, sagt Mike voraus.

Und auch auf diesen Routen wird es Menschenhändler geben, die mit den Leben der Verzweifelten ihre Geschäfte machen und sich kein bisschen um die Menschen selbst scheren! „Aus meiner Sicht ist der EU-Türkei-Deal eine Schande für Europa und hat mit Menschenrechten und europäischen Werten nichts zu tun. Außerdem wird das Problem auf diese Weise nicht gelöst werden. Die mafiösen Schlepper werden andere Routen, wie zum Beispiel Libyen – Italien aktivieren!“, beschwört Goldhahn aus seiner Erfahrung.

Es sind im Moment tatsächlich nur noch wenige, die in Kos ankommen und Goldhahn rechnet damit, dass sich das Auffanglager in Kos nicht, wie geplant aber immer noch nicht eröffnet, in einen geregelten Hotspot verwandeln wird, sondern in ein Abschiebelager. „Der Hotspot sollte schon vor einem halben Jahr entstehen, aber immer wieder wird es hinaus gezögert.“

Ein solches Abschiebelager aber will die Flying Help-Organisation nicht mit Spendengeldern unterstützen. Sie werden sich dann, vermutlich die nächsten Monate, aus Kos zurückziehen. Überschüssige Kleidung wurde bereits nach Idomeni und Athen geschickt. Auch dort wäre die Hilfe des Flying Help-Teams sehr willkommen. Doch Aufgaben warten auch in Deutschland auf die multiaktive Truppe. Einige Mitglieder von Kos Solidarity, der Hilfsorganisation der griechischen Einwohner, kamen daher auch vom 2. bis 7. Mai nach Schwandorf zu einem Workshop, den die Friedrich-Ebert-Stiftung mit vorbereitete. Hier ging es um Pläne, wie weiter geholfen werden kann.

„Auch sonst gibt es viele Menschen im Landkreis, die helfen und sich einbringen!“, berichten Andrea und Mike Goldhahn bei unserem Treffen, begeistert. Montags sind die beiden selbst jede Woche zur Hausaufgabenbetreuung in Schwandorf vor Ort. „Es ist wirklich erstaunlich, wie schnell die Kinder lernen. Nach drei Monaten in einer komplett fremden Sprache und Schrift meistern die Kinder das unglaublich gut!“, schwärmt Andrea.

Bei der ersten Feuerwehrübung...

Vor allem der dreizehnjährige Mohammed hat es ihr angetan. Er und die elfjährige Tasnim - beide kamen vor wenigen Monaten aus Syrien - sind seit kurzem sogar bei der Jugendfeuerwehr Ettmannsdorf. Sie haben an ihrer ersten Übung der Jugendfeuerwehr teilgenommen. Ein Beispiel für Integration ohne behördliche Anweisung und Bürokratie, sondern auf dem normalsten Weg der Welt: über das Vereinsleben. Wo sonst kann man schneller in die bayerische und deutsche Kultur eintauchen, wo sonst kann man schneller auf Augenhöhe Kontakt mit den Anwohnern und Nachbarn bekommen?

„Das ist unser nächstes gesetztes Ziel: Die Menschen hier einzubinden in die Gesellschaft, in den Alltag!“, erklärt Goldhahn voll berechtigtem Stolz. Vereinsleben, das ist das so einfache wie geniale Zauberwort zur oft gequälten Theorie der Integration. Flying help geht hier ihren Weg konsequent weiter. Dazu wurde ein dreisprachiger Flyer entworfen, der unter anderem über die Sprachpaten im Landkreis Schwandorf verteilt werden wird. Interessierte Vereine können sich per Email oder telefonisch an den Flying Help wenden.

Bildergalerie von Kos:

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Feuerwehr-, Fußball-, Handball-, Musikvereine und alle anderen Freizeitorganisationen sind ein idealer Platz, um die Menschen kennen zu lernen. Flying Help sucht dabei auch für aufgeschlossene Zuwanderer - Kinder ebenso wie Erwachsene - gerne einen passenden Verein und stellt den ersten Kontakt her. Auch finanziell unterstützt die Organisation dabei das Zusammenkommen der Vereinsmitgliedschaft „Auch so eine vorschriftsmäßige Feuerwehrjacke oder Fußballschuhe müssen ja finanziert werden.“, lacht Mike.

Es ist das verdiente Lachen eines Mannes, der zusammen mit den vielen freiwilligen Helfern seiner Organisation viel geschaffen hat. 2016 kann er bereits auf zehn Jahre soziales Engagement unter der Flagge der „Fliegenden Helfer“ zurück blicken. Viele erschütternde Momente und rührende Erlebnisse sind dabei. Aber auch viele Momente der Zufriedenheit - im Wissen, geholfen zu haben, wo Andere nur weg sehen. Jeder hat die Möglichkeit mitzuhelfen: bei der Hausaufgaben-Betreuung und Nachhilfe, bei nötigen Umzügen oder einfach beim „an die Hand nehmen“.

Auf der Homepage von Flying help gibt es Informationen zu Sach- und Geldspenden, über Mitgliedschaft und ehrenamtliche Helfer, eine Möglichkeit zur Protestnote gegen die unmenschliche Situation der Flüchtlinge und die Untätigkeit der Weltpolitik und weitere Informationen zu allen Projekten des Vereins.

https://www.flying-help.de

flying help e.V.
IBAN: DE57 75061168 000 1093371
BIC: GENODEF1SWN

Spenden- und Anmeldetelefon: 09436-5607899


Der von einer großen Maschinenfabrik bei Regensburg gestiftete Sprinter ist unterdessen gut in Bulgarien, bei einem Waisenhaus, angekommen, das von den Templern des „Ritterordens des Tempels zu Jerusalem“ in Schwandorf unterstützt wird. „Wir freuen uns, Petko Tschirpanliew und dem Team der Templer bei diesem tollen Projekt helfen zu dürfen!“, erzählt uns Mike Goldhahn, denn auch die Kleiderkammern des Schwandorfer Ritterordens sind brechend voll und die Sachspenden sollen zu den Bedürftigen in Rumänien gelangen. Denn auch das Motto dieser Helfer lautet: „Wir helfen Menschen zuhause und in aller Welt, dort wo der jeweilige Staat nichts unternimmt.“