Schwandorf. Über das Darknet orderte ein Landkreisbewohner drei Schusswaffen – weil er sich für deren Technik begeisterte. Vor dem Amtsgericht Schwandorf erhielt er für diese „Narretei" eine einjährige Freiheitsstrafe, die zur Bewährung ausgesetzt wird.

Es war eine „Narretei", aus der der Angeklagte seine Lehren gezogen hat: Da waren sich vor dem Amtsgericht Schwandorf am Dienstag alle Beteiligten einig. Verantworten musste sich ein 55-jähriger Landkreisbewohner, weil er sich drei Waffen samt Munition bestellte, ohne über die nötige Erlaubnis zu verfügen: Einen Revolver, eine Walther P38 sowie eine umgebaute Schreckschusswaffe, die jedenfalls eingeschränkt scharfe Munition verschießen konnte. Das Besondere an dem Fall: Besorgt hatte sich der Staplerfahrer die Pistolen in den Jahren 2014 und 2015 über das Darknet, konkret über die Plattform „Alpha Bay". Das Portal galt als eine Art Ebay für illegale Delikte, bis es 2017 bei einer internationalen Polizeiaktion geschlossen wurde.

Auf die Spur gekommen sind die Behörden dem 55-Jährigen eher zufällig, berichtete ein Zollfahnder als Zeuge, nachdem das Zollfahndungsamt Frankfurt zuvor einen Waffenhändler festnehmen konnte. Er agierte unter dem Pseudonym „freetime" und erinnerte sich, eine Waffe an das Pseudonym „punker" verkauft zu haben. Hinter diesem Decknamen verbarg sich, wie sich bald herausstellte, der Angeklagte. Über die Paketnummer konnte er rasch identifiziert werden, es folgten eine Durchsuchung am 27. März 2018 und die Sicherstellung der drei Waffen samt Munition.

Fehlgeleitetes Interesse an Waffen

In der juristischen Fachsprache bedeutet das, vereinfacht gesagt: Er hat sich des vorsätzlichen unerlaubten Erwerbs von Schusswaffen und Munition schuldig gemacht. Die Anklage vertrat die Zentralstelle Cybercrime Bayern der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg, sie bearbeitet in Bayern alle größeren Verfahren, bei denen das Internet als Tatmittel dient. Am Sachverhalt selbst gab es denn auch keine Zweifel: Der Angeklagte zeigte sich – wie schon beim Zoll – geständig und räumte seine Taten vollumfänglich ein. Von Amtsgerichtsdirektor Ewald Ebensperger nach den Gründen befragt, konnte er sich selbst nicht mehr recht erklären, was ihn damals geritten habe.

Grundsätzlich seien wohl zwei Gründe für seine Handlung ausschlaggebend gewesen, die später einmütig als eben jene Narretei bewertet wurde: Einerseits habe eine Vielzahl von Medienberichten über das Darknet sein Interesse geweckt, ob das „wirklich funktioniert", er wollte das gerne einmal ausprobieren. Andererseits habe er sich schon immer für die technischen Aspekte von Waffen interessiert – nicht aber für das Schießen. „Da hätte ich ja in einen Schützenverein gehen können", betonte er. Zeitweise habe er sich die Waffen zur Dekoration ins Wohnzimmer gestellt, aber nach dem Münchner Attentat sei ihm zunehmend unwohl geworden, so der Angeklagte. Aus Sorge habe er sie schließlich im Garten vergraben, wo sie der Zoll sicherstellte.


„Kriminelle Energie"

Auch das Amtsgericht konnte nicht nachweisen, dass er die Waffe je benutzt hätte oder eine entsprechende Absicht hatte. Die Motivation lag offensichtlich in einem fehlgeleiteten Interesse begründet, oder mit den Worten des Anklagevertreters: Es handle sich schlicht um einen Waffennarr, „wobei die Betonung auf dem zweiten Teil liegen muss." Doch die zielgerichtete Tatbegehung warf trotzdem einige Fragen auf: Es erfordere durchaus eine gewisse „kriminelle Energie", so der Staatsanwalt, sich Zugang ins Darknet zu verschaffen und dort mit der Kryptowährung „Bitcoin" zu bezahlen. „Lieschen Müller macht das nicht einfach mal so", befand der Jurist.

Insgesamt forderte die Staatsanwaltschaft eine Freiheitsstrafe von einem Jahr – ausgesetzt zur Bewährung – und eine Geldauflage von 5000 Euro. Es spreche zwar für den Angeklagten, dass er seine Taten eingeräumt und sich kooperativ verhalten, ja die Ermittler sogar zum Versteck geführt habe. Zudem sei er nicht vorbestraft, habe also eine günstige Prognose. Aber: Der Besitz dreier Waffen samt Munition, die lange Besitzdauer und die kriminelle Energie bei der Beschaffung müssten zu seinen Lasten gewertet werden. Für die Verteidigung räumte Rechtsanwalt Josef Simbeck ebenfalls ein, dass sein Mandat „einen Verstoß" begangen hat, „für den er gerade stehen muss und auch will". Das Gericht solle jedoch berücksichtigen, dass er tätige Reue gezeigt und durch das Verfahren finanziell bereits erheblich belastet sei. Dessen Kosten liegen, so Simbeck, schon jetzt zwischen 2500 und 3000 Euro.

„Es gehört schon was dazu"

In seinem Urteil folgte Amtsgerichtsdirektor Ebensperger im Wesentlichen der Staatsanwaltschaft. Unter Würdigung aller belastenden und entlastenden Umstände sei eine Freiheitsstrafe von einem Jahr, ausgesetzt zu drei Jahren Bewährung, tat- und schuldangemessen. Der Strafrahmen bewege sich zwischen sechs Monaten und fünf Jahren. „Es gehört schon was dazu", so der Richter, „ins Darknet zu gehen und Waffen zu kaufen. Das ist nichts, wo man sagt, da bietet mir einer schnell mal was an." Nur bei der Geldstrafe war Ebensperger dem Angeklagten leicht entgegengekommen: Statt der geforderten 5000 Euro muss er lediglich 3000 Euro an den Weißen Ring bezahlen. „Das muss schon was fühlbares sein", begründete er den Betrag.

Der Angeklagte und sein Anwalt akzeptierten das Urteil noch im Gerichtsaal, auf Rechtsmittel werden sie verzichten. „Das ist ein kompletter Blödsinn gewesen", hatte der 55-jährige zuvor in seinem Schlusswort erklärt. „Das war mir wirklich eine Lehre." Es bleibt zu hoffen, dass er das beherzigt und künftig wieder das straffreie Leben führt, das er jahrelang geführt – bevor er dann im Darknet auf kriminelle Shoppingtour ging.