Ostbayern. Die Novelle des Bundesjagdgesetzes sorgt für Gräben zwischen Forstwirten und Jägern. Der Bundestagsabgeordnete Peter Aumer lud Fachleute zur digitalen Diskussion. Ein zentraler Punkt der derzeit überregional laufenden Debatte: Soll Wild zum Schutz der Bäume noch wesentlich stärker bejagt werden, mit drastischen und ethisch fragwürdigen Maßnahmen wie der Freigabe von Muttertieren zum Abschuss, oder soll die Bejagung im bisherigen Rahmen bleiben? Jagdverbände bevorzugen stattdessen Schutzmaßnahmen für neue Baumarten.

Der Zustand unseres Waldes verschlechtert sich mit jedem Jahr dramatisch. Um für nachhaltiges Grün zu sorgen, ist eine klimastabile Verjüngung unserer Wälder zwingend notwendig. Gemeinsam mit dem Vizepräsidenten des Deutschen Bundestages Dr. Hans-Peter Friedrich lud der Regensburger Abgeordnete Peter Aumer zum virtuellen runden Tisch. Mit den agrar- und jagdpolitischen Sprechern der CSU Bundes- und Landtagsfraktion und über 30 hochkarätigen Vertretern aus Jagd-, Forst- und Landwirtschaft wurden die Zukunft unseres Waldes und der Platz des Wildes diskutiert.

Unser Wald braucht Hilfe. Darin waren sich der neue Präsident des Bayerischen Jagdverbandes Ernst Weidenbusch, der Präsident des Bayerischen Bauernverbandes der Oberpfalz Josef Wutz, der Agrarpolitischen Sprecher der CSU Fraktion im Bundestag MdB Arthur Auernhammer und der Präsident des BJV-Oberpfalz und Jagdpolitischer Sprecher der CSU-Landtagsfraktion MdL Alexander Flierl grundsätzlich einig. Wie viel aber selbst kleinste Änderungen an Gesetzestexten in der Praxis bewirken, machte die anschließende rege Diskussion der Teilnehmer des digitalen Formates von MdB Peter Aumer schnell deutlich.

„Mir war wichtig unseren Jägerinnen und Jägern ein Format zum direkten Austausch mit den politisch Verantwortlichen auf Landes- und Bundesebene anzubieten. Die Erfahrungswerte unserer Jäger dürfen nicht außer Acht gelassen werden" so Aumer. Hintergrund war die erste Lesung zur Novelle des Bundesjagdgesetzes am 27.01.2021 und der am 01.03.2021 anstehenden Anhörung im Bundestag.

Neue Baumarten vor Verbiss schützen oder Rehe drastisch dezimieren?

Um unsere Wälder hinsichtlich des sich immer stärker abzeichnenden Klimawandels fit für die Zukunft zu machen, seien neue Baum- und Pflanzenarten notwendig, die bisher in unseren Wäldern nicht heimisch waren. Diese stellen für neugierige Wildtiere einen besonderen Leckerbissen dar. Ob diese Jungbäume zu schützen sind, darüber sind sich Jäger und Waldbesitzer uneins. „Auch wenn es auf einer Fläche von 500 Hektar Wald vielleicht nur noch ein einziges Reh gibt, wird dieses Reh, wenn wir eine neue Baumart in den Wald einbringen bzw. anpflanzen – so ist meine Erfahrung –, diesen Baum finden" so Auernhammer. Er spricht damit den Kern der weitläufigen Diskussion um das Bundesjagdgesetz an:

Zwar sind sich Waldbesitzer und Jäger über die Notwendigkeit einer Waldverjüngung einig, der Umgang mit den Wildtieren bleibt jedoch ein Streitpunkt. Während sich mancher Förster für eine umfassende Bejagung des Wildes bis zu einem Punkt, an dem teure Schutzmaßnahmen für Jungbäume überflüssig wären, einsetzt, sprechen sich Jägerinnen und Jäger für eine "sozial verträgliche Jagd" und begleitende Schutzmaßnahmen für Jungbäume aus. Jagdverbände argumentieren mit einem nicht tragbaren Massenabschuss, während Waldbesitzer mit einem immer dramatischeren Waldsterben, hohen Wildtierbeständen und dem Grundsatz „Wald vor Wild" argumentieren, um unsere bedrohten Wälder überhaupt retten zu können. 


Abschuss von Muttertieren, Schleifen von Schutzzeiten?

Die 1.Schatzmeisterin des BJV-Regensburg und Justitiarin des Bayerischen Jagdverbandes Dr. Diane-Schrems-Scherbarth betont, dass eine Verjüngung des Waldes mit fremden Baumarten ohne Schutzmaßnahmen aus Sicht der Jäger unmöglich sei: „Wir Jägerinnen und Jäger sind selbstverständlich nicht blind für die Probleme und das Sterben des Waldes. Wir haben kein Interesse daran dem Wald zu schaden. Rehe sind neugierige Tiere, die neue Baumarten immer verbeißen werden. Eine Waldverjüngung durch Anpflanzung standortfremder Baumarten ohne Schutzmaßnahmen ist unmöglich" Für hitzige Gemüter sorgten dabei insbesondere eine geforderte Aufhebung von Schutzzeiten und der Abschuss von Muttertieren, den die Jagdverbände unbedingt verhindern wollen.

Aumer und Friedrich versprachen eine intensive und umfassende Abstimmung mit beiden Seiten für die kommenden Gespräche im Bundestag. „Gemeinsam werden wir eine Lösung für Wald und Wild finden. Die Gespräche zeigen, dass das Thema allen Beteiligten eine Herzensangelegenheit ist. Der Schutz und die Umgestaltung unserer Wälder ist ein notwendiger Schritt als Reaktion auf den Klimawandel. Einen Wald ohne Wild will ich mir aber nicht vorstellen. Beides gehört zusammen" so Aumer.

Letzten Endes wollen alle Interessensgruppen einen vielfältigen, gesunden aber auch lebendigen Wald. Wie der Fahrplan dahin aber aussieht, wird sich Anfang März zeigen. Dabei werden auch die Interessen des Koalitionspartners der CSU in Berlin eine Rolle spielen.